KLIMANSKI: SCHMITTS ERSTER FALL

klimanski_schmitts_fallBeginnen wir das Jahr 2015 mit einer Buchempfehlung!

Ich habe Manfred Klimanskis Erstlingskrimi SCHMITTS FALL mit großem Genuss gelesen. Privatdetektiv Heinz Schmitt ermittelt in seinem ersten literarisch verzeichneten Fall in einer Erpressung und gerät dabei unvermittelt in eine Mordserie an Musikern des Sinfonieorchesters. Mehr will ich von der spannenden Geschichte eigentlich nicht verraten.
Mich hat begeistert, mit welcher Detailschärfe Klimanski seine Opfer, Musiker allesamt, zunächst in ihrer Skurrilität zeichnet – bevor er sie mit kaum verborgener Begeisterung hinmeuchelt.

Wer den Autor, beruflich lange Jahre Rektor der Musikhochschule Freiburg, und die lauschige Provinzidylle Freiburgs persönlich kennt, dem wird das Buch, die erzählte Geschichte und die wie nebenbei eingefangene Atmosphäre ganz besonders gut gefallen.

Ich freue mich bereits auf Schmitts nächsten Fall. Lesen!
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Sex, furzende Hunde – und Bären natürlich

John Irvings "Letzte Nacht in Twisted River". Diogenes Verlag, Zürich 2010.

Wo Irving draufsteht, ist auch Irving drin, damit hat Martin Halter recht. Allerdings hat mir – anders als dem FAZ-Rezensenten – John Irvings neuester Roman “Letzte Nacht in Twisted River” ausgesprochen gut gefallen.

Auf satten 730 Seiten breitet Irving diesmal die Lebensgeschichte eines alternden Schriftstellers aus und – selbstverständlich – geht es um zerrüttete Familien, frühkindliche Traumata, bizarre sexuelle Phantasien, furzende Hunde und – natürlich – Bären.

Eigentlich ist das Buch ein Verfolgungsroman: 1954. Der zwölfjährige Danny, wächst in einem primitiven Holzfällerkaff in den Wäldern von New Hampshire heran. Als der spätere Erfolgsautor eines Nachts die seinen Vater vögelnde Geliebte des Dorfsheriffs – die er für einen Bären hält – mit einer gußeisernen Pfanne erschlägt, beginnt für ihn und seinen Vater Dominic eine Jahrzehnte dauernde Flucht voller “Unfälle” durch die Staaten bis nach Kanada.

In jeder neuen Stadt müssen Vater und Sohn wieder neu anfangen, lernen neue Leute kennen und lieben und durchleben während ihrer Reise eine Achterbahnfahrt zwischen Zufällen und Gefahren, Glück und Schmerz.

Irvings neuer Roman ist wieder wild und schräg. Dazu auch politischer als Irvings bisherige Bücher, da der Autor diesmal nicht mit Kritik an Amerikas Reaktion auf Nine Eleven spart und die Terroranschläge des 11. September 2001 in die Handlung zieht.

Trotzdem, trotz all dem Irrsinn und all der “Unfälle” um ihn herum, gönnt Irving seinem Protagonisten in “Letzte Nacht in Twistes River” ein versöhnliches Ende: “Manche Leute finden nie auch nur einen Menschen für sich; Daniel Baciagalupo dagegen hatte zwei gefunden.” Man gönnt es ihm nach 730 Seiten von Herzen.

31.08.2011/ zwischenrufer

Erbarmen: Merete Lynggaard lebt

Jussi Adler-Olsen: Erbarmen. www.dtv.de

Lesestoff von der Bestsellerliste
Zum Geleit: Jussi Adler-Olsens gelungenes Seriendebut ist wieder einer dieser skandinavischen Kriminalromane, die süchtig machen. Pointiert, skuril, stark erzählt, spannend. Ideale Urlaubslektüre von der SPIEGEL-Bestsellerliste.

Carl Mørck und das Sonderdezernat Q
Vizekriminalkommissar Carl Mørck steckt tief in einer Krise. Während der Überprüfung eines Tatorts wurden er und zwei Kollegen zu Opfern eines brutalen Angriffs. Sein Partner Anker starb an den Folgen der Schussverletzung und Hardy liegt querschnittsgelähmt im Krankenhaus. Mørck selbst kam mit einem Streifschuss davon. Beinahe arbeitsunfähig demoralisiert, wird er befördert: Als Leiter des neu gegründeten Sonderdezernats Q soll er sich mit ungelösten, alten Fälle beschäftigen.

Merete Lynggaard lebt
Der erste spektakuläre Fall findet sich in einem Berg alter Akten: Das nie geklärte Verschwinden der Merete Lynggaard, einer attraktiven und aufstrebende Politikerin. Merete Lynggaard verschwand fünf Jahre zuvor, nach einem Streit mit ihrem behinderten Bruder Uffe, spurlos von Bord einer Fähre. Ihre Leiche wurde nicht gefunden, man vermutet Tod durch Ertrinken. Doch sie ist am Leben … mehr wird nicht verraten. Lesetipp!

zwischenrufer / 23.08.2011

Düsterer Schwarzwald-Krimi

"Schweig still, mein Kind", Petra Buschs Debütroman.

"Schweig still, mein Kind", Petra Buschs Debütroman.

Mit ihrem Debüt-Roman “Schweig still, mein Kind” hat die Ex-Freiburgerin Petra Busch zum Glück keinen weiteren Freiburg-Roman geschrieben. Vielmehr einen spannenden Krimi: Ihr Kommissar Moritz Ehrlinspiel, ein smarter Anfangsdreißiger,  wohnt zwar in der Freiburger Wiehre, geht gerne schick essen und hat einen Schlag bei den Damen. Trotzdem erwarten ihn nachts nur seine beiden Kater, wenn er von der Nachtschicht bei der Mordkommission  nach Hause kommt.

Mord auf dem Dorf
Ein Mordfall zieht ihn in eine jener vielen bis heute auch real existierenden  500-Seelen-Gemeinden im Schwarzwald, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. In denen scheinbar alles noch in Ordnung ist, Natur, Familie, Sozialgefüge. Eine mystische Spannung unter den Dorfbewohnern ist greifbar, mitten durch den Plot springt Bruno, ein gleichermaßen gruseliger wie anrührender Autist, in dessen Gedankenwelt der Leser nach und nach eingeführt wird. Von wegen Landidylle: Die Dorfbewohner saufen und hetzen in der einzigen Dorfkneipe, scheinbar der einzigen Abwechslung im frühwinterlichen Schwarzwald. Busch zeichnet gefangene, in Erwartungen und Rollen gequetschte, vom Schicksal drangsalierte Charaktere, ein Sozialgefüge zwischen Tradition, Aberglaube und Irrsinn.

Spannend bis zum Schluß

Geschickt wechselt Petra Busch die Erzählperspektive, legt falsche Fährten und so weiß nach der halben Lektüre und der zweiten Leiche noch immer niemand, wer der Mörder ist.  Das würde für eine Empfehlung ausreichen. Als Vorbereitung oder Begleitung ihres nächsten Schwarzwaldurlaubes ist der Roman “Schweig still, mein Kind” indes ein Muss. Aber auch wer lieber an die Ostsee fährt oder nach Thailand fliegt wird diesen Roman verschlingen.

zwischenrufer / 27.05.2011