#GenugJETZT, @markus_soeder, zieh endlich die Notbremse!

PROTESTGEZWITSCHER GEGEN DAS HOCHINZIDENZ-JOJO: TEXTANREGUNGEN WIDER DIE BUND-LÄNDER-UNVERNUNFT

Ich weiß, es ist eigentlich zum Verzweifeln!

Besonnene Experten hatten ja schon seit Wochen gewarnt. Und nun ist alles genau so eingetreten: Die von der britischen Virusmutation B.1.1.7 getriebene dritte Corona-Welle kommt in Deutschland exponentiell in Schwung. In den letzten Tagen ist die Zahl der Neuinfektionen jeweils um mehrere Tausend gegenüber der Vorwoche in die Höhe geschnellt. Der Inzidenzwert, der vor vier Wochen noch bei 60 lag, erreicht in Deutschland nun bereits 85.[1] Die 100er Marke dürfte in der kommenden Woche gerissen werden.

Zuvor hatte die am 3. März einberufene letzte Bund-Länder-Runde entgegen aller Warnungen einen fünfstufigen „Perspektivplan“ verabschiedet, der Lockerungsmöglichkeiten bis zur Inzidenz 100 erlaubte.[2] Das erst nach stundenlangem zähem Ringen formulierte Kompromisspapier war dazu auch noch kompliziert und schlupflochreich gestaltet. Im Netz ernteten die Ministerpräsident:innen und die Kanzlerin dafür keineswegs unverdienten Spott.

Nun sollte aber jeder mit Verstand begabte Zeitgenosse meinen, dass die ganz offensichtlich wenig durchdachten, in den frühen Morgenstunden des 4. März der Presse präsentierten „Öffnungsperspektiven“ inzwischen wieder aus dem Blick geraten. Ging der Fünf-Stufen-Plan doch von der – freilich bereits Anfang März mehr als optimistischen – Grundannahme aus, dass die Coronalage in Deutschland bis Ostern stabil bleiben werde.

“Öffnungsperspektiven” entpuppen sich als Schließungsaussichten: Ostervorfreude auf den Lockdown 3

Denn eins ist doch bereits jetzt frühlingssonnenklar: Nach Weihnachten haben die Bund-Länder-Fehlentscheidungen nun auch Ostern lockdownmäßig verpfuscht. Die Frage ist jetzt nur noch, wie hoch die Inzidenzen vorher noch steigen werden und wie lange wir nachher wieder die Kontakte zu reduzieren haben.

So oder so stehen uns also mehrere Wochen im Oster-Lockdown 3 bevor – die Frage ist jetzt nur noch, wieviele. Frühestens im Mai werden wir hoffentlich wieder befreiter aufatmen können, wenn dann auch diese wieder, wie schon im November, verspätet und deshalb umso mühsamer abgebremste dritte Welle endlich hinter uns liegt und der beginnende Sommer uns zusammen mit Fortschritten beim Impfen hoffentlich weitere föderale Jojospiele erspart.

Lockerungsrausch im Inzidenzanstieg: Selbst an der Notbremse wird herumgeschraubt

Dennoch halten Deutschlands Länderfürst:innen momentan noch unverdrossen an den Lockerungsschritten des „Perspektivplans“ fest – oder wollen sogar noch weitergehen. Denn wie letzte Woche bekannt wurde, möchten Brandenburg und Sachsen-Anhalt die ab einer Inzidenz von 100 vorgesehene, deshalb in einigen Regionen eigentlich bereits zu aktivierende „Notbremse“ lockern.[3] Auch Nordrhein-Westfalen lehnt einen verpflichtenden Bremsautomatismus ab und will im Falle einer Überschreitung der 100er-Schallmauer erst einmal „die Umstände prüfen“.[4] Der gedachte Rettungsmechanismus des Fünf-Stufenplans wird so angesichts einer exponentiell steigenden Virusverbreitung ad absurdum geführt.

Thüringen: ein Dauer-Hotspot brät sich Extrawürste

Schon seit Monaten anders gehen die Uhren in Thüringen. Dort hält sich die Inzidenz nun schon seit November über hundert – aktuell beträgt sie 168. Im Januar hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow noch Aufsehen erregt mit seinem späten, aber getreulichen Eingeständnis, die Lage im vergangenen Herbst falsch eingeschätzt zu haben.[5]

Tätige Reue ist aber offenbar nicht Ramelows Ding. Denn nun lässt er die Inzidenzwerte, die vor einem Monat kurz an der 100er-Marke kratzten, wieder auf neue Rekordwerte klettern, ohne mit „umfassenden Maßnahmen […], die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen“,[6] gegenzusteuern, wie es laut Infektionsschutzgesetz eigentlich vorgeschrieben wäre.

Im Gegenteil: Auch in Thüringen gelten ab dieser Woche wie andernorts zusätzliche Lockerungen im Geschäftsbereich.[7] Und Schulen können sogar bei Höchstinzidenzen weiter geöffnet bleiben, solange die Behörden vor Ort das noch gutheißen. Denn die Landesregierung beschränkt sich lediglich auf eine unverbindliche „Empfehlung“, oberhalb vom Inzidenzwert 150 doch besser zu schließen.[8]

Das Prinzip der lokalen Eigenverantwortlichkeit, auf welches das Green-Zone-Modell der NoCovid-Niedriginzidenz-Strategie setzen möchte, ist in Thüringen so zu einem Art HighCovid-Red-Zone-Konzept pervertiert: Kreise und Städte dürfen seit dem Wochenende selbstverantwortlich (oder -verantwortungslos?) entscheiden, wie weit sie bei der COVID-19-Durchseuchung der Bevölkerung gehen wollen.

Schon erstaunlich, zu was für einem zahnlosen Papiertiger der oben zitierte Paragraph 28a des deutschen Infektionsschutzgesetzes inzwischen verkommen ist – besonders, wenn man bedenkt, dass AfD-Politiker diesen am 18. November eilig durchs Parlament geschleusten Zusatzparagraphen in Brandreden vor dem Reichstag noch als „Ermächtigungsgesetz“ gegeißelt hatten.

Kapitulieren vor all der Unvernunft? So schnell zwitschern wir nicht ab…

Man könnte bei so viel Unvernunft der Politik wirklich verzweifeln!

Ich habe mich aber anders entschieden und beschlossen, mich lieber aktiv für einen öffentlichen Sinneswandel zurück zur Vernunft einzusetzen. Dazu habe ich eine Tweet-Serie verfasst mit Protestnachrichten, in denen ich mich an den bayerischen Ministerpräsidenten und an den Regierungssprecher von der Bundeskanzlerin gewandt habe – Merkel selbst simst zwar gerne, zwitschert aber im Gegensatz zu Söder nicht persönlich.

Bei dem Kurznachrichtendienst mit dem blauen Vögelchen im Logo kann man zwar pro Tweet nur 280 Zeichen schreiben, aber es gibt die Möglichkeit von Tweetserien, um etwas längere Texte zu versenden. Erfreulicherweise sind meine beiden Kurznachrichten-Serien an Söder und Merkel in den vergangenen Tagen auf einen für meine bescheidenen Mikroblogger-Verhältnisse erstaunlich großen Zuspruch gestoßen. Die Anfangstweets kamen nämlich auf jeweils über 10.000 Views. Ich selbst habe zwar nur 875 Follower, aber meine Söder zugezwitscherten Texte wurden über hundert Mal per Retweet von anderen Usern an ihre Follower weiterverbreitet.

Neben solchem Protestgezwitscher gibt es natürlich auch noch viele andere geeignete Formen, um der Öffentlichkeit und/oder den politisch Verantwortlichen seine Meinung kundzutun. So könnt ihr über die Protest-Plattform „WeAct“ sehr einfach eine Online-Petition initiieren und anschließend z.B. via Social Media weiterverbreiten.[9] Oder ihr schreibt Politiker:innen auf Facebook per Kommentar oder Messenger direkt an. Noch nachdrücklicher wäre es, wenn ihr ihnen eine Mail schickt oder ganz förmlich einen Protestbrief per Post versendet.

Für den Fall, dass ihr eine Textvorlage zur Anregung gebrauchen könntet, dürft ihr euch gerne von meinen Tweets inspirieren lassen. Deren Wortlaut stelle ich nachfolgend als Fließtext leicht umgearbeitet zur freien Verfügung.

Verfrühte Lockerungen stoppen, für sichere Bildung sorgen!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,

in den letzten vier Wochen, zwischen Mitte Februar und Mitte März, ist der Corona-Inzidenzwert für Bayern von 56 auf 90 gestiegen. Die 100er-Marke wird so wohl schon in dieser Woche überschritten. Zeigen Sie deshalb Verantwortung und beenden Sie in Bayern die verfrühten Lockerungen umgehend.

Stoppen Sie insbesondere die für die kommende Woche geplante Öffnung der Schulen. Sichere Bildung, wie das Hashtag-Motto mehrerer Elterninitiativen lautet, muss die Maßgabe sein, was ohne ausgereiftes Testkonzept (Test-Trace-Isolate, TTI) und erhebliche Fortschritte beim Impfen nicht gewährleistet ist.

Nachhaltige Lockerungen sind mit dem differenzierten Niedriginzidenzkonzept NoCovid möglich. Sie könnten in lokal begrenzten „Green Zones“ sogar ohne langen Einheits-Lockdown bald beginnen. Anerkannte Wissenschaftler, so unter anderem auch an der LMU München lehrende Wirtschaftsexperten des ifo-Instituts, stehen hinter dem Konzept – nähere Informationen finden sich auf der folgenden Webseite: https://nocovid-europe.eu.

Herr Ministerpräsident, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass Schaden von der bayerischen Bevölkerung abgewendet wird. Das kann aber nur gelingen, wenn in dieser kritischen Phase zu Beginn der dritten Welle die Lockerungen rasch wieder gestoppt werden.

Mit freundlichen Grüßen

https://twitter.com/Muenchen1968/status/1370784455640674305

Die dritte Welle jetzt abfangen und den Stufenplan revidieren!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

am 3. März hat die Bund-Länder-Corona-Runde die „Öffnungsperspektive in fünf Schritten“ beschlossen, die in den folgenden Wochen Lockerungen auch bei erhöhten Inzidenzwerten zwischen 50 und 100 vorsahen. Nun ist der Inzidenzwert in Deutschland gerade in den letzten Tagen sprunghaft angestiegen und erreicht bereits wieder den Wert von 85. Da sich so offensichtlich der Fünf-Schritte-Plan als Fehler erweisen hat, sollte er rasch wieder revidiert werden.

Die aktuelle Lage erfordert deshalb ein zügiges Vorziehen der nächsten Bund-Länder-Runde. Ein Abwarten bis zum 22. März wäre in der jetzigen Lage einer beginnenden dritten Welle verhängnisvoll. Dies gilt umso mehr, als bereits einige Länder angekündigt haben, die in den „Öffnungsperspektiven“ vorgesehene „Notbremse“ beim Überschreiten der Inzidenz 100 zu ignorieren oder umzuinterpretieren.

Bislang sind Sie, Frau Dr. Merkel, für verantwortungsvolles Handeln in dieser Pandemiekrise eingetreten. Dennoch misslang das Gegensteuern gegen die zweite Welle, was viele zusätzliche Corona-Tote zur Folge hatte. Dieser schwere Fehler vom letzten Herbst darf nicht wiederholt werden.

Noch sind die meisten Menschen der Risikogruppe 2 ungeimpft. Dazu ist inzwischen die Gefahr, die von dem LongCovid-Syndrom ausgeht, auch für jüngere Corona-Patienten wissenschaftlich belegt. Die verfrühten Lockerungen in die beginnende dritte Welle hinein drohen deshalb nochmals ähnlich viel Leid wie im letzten Winter mit sich zu bringen.

Selbst wenn die Krankhauskapazitäten ausreichen, ist eine Strategie der Teildurchseuchung der größtenteils ungeimpften Bevölkerung unverantwortlich. Die Menschen wünschen sich laut Umfragen mehrheitlich ein vorsichtiges Vorgehen und lehnen übereilte Lockerungen ab.

Ein verantwortungsvoller neuer Stufenplan, wie in etwa die Göttinger Physikerin Viola Priesemann vorschlägt, muss bei niedrigeren Inzidenzwerten als der Fünf-Schritte-Plan ansetzen. Nötig ist eine Beschleunigung des Impftempos und ein durchdachtes Testkonzept nach den Grundsätzen Test-Trace-Isolate (TTI).

Nachhaltige Lockerungen sind mit dem differenzierten Niedriginzidenzkonzept NoCovid möglich. Sie könnten in lokal begrenzten „Green Zones“ sogar ohne langen Einheits-Lockdown bald beginnen. Anerkannte Wissenschaftler:innen wie die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann oder der Chef des Münchener ifo-Instituts Clemens Fuest stehen hinter dem Konzept – nähere Informationen finden sich auf der folgenden Webseite: https://nocovid-europe.eu.

Frau Bundeskanzlerin, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass Schaden von der Bevölkerung unseres Landes abgewendet wird. Das kann aber nur gelingen, wenn in dieser kritischen Phase zu Beginn der dritten Welle die Lockerungen gestoppt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Und jetzt seid ihr dran!

Wer ähnlicher Meinung ist, darf sich gerne für entsprechende Protestnachrichten bei meinen Tweets oder den obigen beiden Briefvorlagen bedienen. Ich erhebe kein Copyright – auch Copy&Paste in Guttenbergscher Manier ist erlaubt, wenn es nur dem guten Zweck dient. Hauptsache, es ändert sich bald etwas an diesem verhängnisvollen Hineinrennen in die dritte Welle.

Denn für den Fall, dass es so ungebremst nach „Perspektivplan“ weitergeht, werden uns die schlimmen Zustände wie an Weihnachten noch mal zu Ostern drohen. Und das wollen wir doch alle nicht.

Also, auf geht’s, schreibt Protestnachrichten an Angela Merkel, Markus Söder, andere Ministerpräsident:innen oder Politiker:innen eurer Wahl! Sehr wirkungsvoll kann es beispielsweise auch sein, sich an die lokal Verantwortlichen vor Ort, etwa die Bürgermeisterin oder den Gesundheits- oder Bildungsdezernenten oder an die Abgeordnete im Wahlkreis zu wenden. Denn die Lokalprominenz wird sich mehr als die Bundeskanzlerin verpflichtet fühlen, euch auch persönlich eine Antwort zu geben. Am Besten wäre es, wenn ihr dabei in eurer Nachricht gezielt auf die Verhältnisse bei euch vor Ort eingeht.

Lassen wir also mit möglichst vielen Protestnachrichten die politisch Verantwortlichen in den nächsten Tagen spüren, dass sie mit der derzeitig realisierten Corona-Politik eines gefährlichen Hochinzidenz-Jojo aus verfrühten Lockerungen sowie verspäteten und halbherzigen Lang-Lockdowns auf Widerstand stoßen. Die in dem Bund-Länder-Perspektivplan vom 3./4. März vorgesehene Notbremse muss jetzt umgehend und wirkungsvoll gezogen werden – je eher, desto besser.

Sicher scheint es fast zum Verzweifeln, aber zum Aufgeben ist es doch noch zu früh!

Anmerkungen:

[1] Die in diesem Beitrag genannten Zahlen zu COVID-19 sind, soweit nicht anders vermerkt, sämtlich aus dem Coronavirus-Monitor der Berliner Morgenpost entnommen (Stand 15.3.2021, 13 Uhr): https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit. Als Datenquelle werden hier angegeben: Johns Hopkins University CSSE (internationale Daten von WHO, CDC (USA), ECDC (Europa), NHC, DXY (China), Risklayer/Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Meldungen der französischen Ämter und der deutschen Behörden (RKI sowie Landes- und Kreisgesundheitsbehörden).

[2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/fuenf-oeffnungsschritte-1872120.

[3] Die Gefahr, die Notbremse zu spät zu ziehen, ZDFheute 9.3.2021, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-notbremse-inzidenz-100.html.

[4] Corona-Infektionen steigen – NRW hält ungebremst an Lockerungen fest, tagesschau 13.3.2021, https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-39313.html.

[5] „Die Kanzlerin hatte Recht, und ich hatte Unrecht“, in: FAZ 7.1.2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bodo-ramelow-gesteht-fehler-im-kampf-gegen-corona-17135034.html.

[6] So der Wortlaut von § 28a IfSG hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen bei Überschreitung des Grenzwertes von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche.

[7] Kosmetikstudios, Solarien, Kinderschuh-Anbieter öffnen, insuedthueringen.de 15.3.2021, https://www.insuedthueringen.de/inhalt.thueringen-neue-corona-verordnung-bibliotheken-und-solarien-oeffnen.3ab4c1ff-6eb9-42a5-8dfb-7276df1c059a.html.

[8] Schulen auf oder zu? Landkreise und kreisfreie Städte entscheiden nun selbst, mdr Thüringen 13.3.2021, https://www.mdr.de/thueringen/landkreise-entscheiden-schulen-offen-geschlossen-100.html.

[9] https://weact.campact.de/.

“So viele, die fehlen” – die schweren Folgen des Lockdown light

Über 50.000 Coronatote haben wir inzwischen in Deutschland zu beklagen. Mitschuld daran war die verhängnisvolle Pandemiestrategie zwischen September und Mitte Dezember, für die das Oxymoron “Lockdown light” steht. Erst sehr spät, kurz vor Weihnachten, kam dann endlich die überfällige Verschärfung des Lockdowns. An den Folgen der Versäumnisse dieses deutschen Coronaherbstes haben wir im neuen Jahr immer noch zu tragen. Denn es wird wohl noch einige Wochen dauern, bis nach einer Reduzierung der Neuinfektionen auch die tägliche Zahl der an COVID-19 Verstorbenen deutlich zurückgeht.

Wenn das endlich passiert ist, steht dann wohl bald wieder die Frage unausgesprochen im Raum, wie viele Coronatote Deutschland täglich verkraften zu können glaubt. Über 1000 zum Glück nicht, und auch 500 scheinen den meisten wohl zu viel. Aber wäre es, falls die Inzidenzzahl „nur“ bei etwas über 50 liegen sollte, doch noch hinnehmbar, wenn täglich 200 Menschen erfolglos gegen ihre Atemnot auf der Intensivstation ankämpfen?

#ZeroCovid und #NoCovid lauten die Hashtags der eigentlich humanen Antworten auf das deutsche Coronadesaster im letzten Quartal des Jahres 2020. Diese Forderungen klingen radikal und bedürften einer breiteren gesellschaftlichen Diskussion, aber sie sind keineswegs „massiv unethisch“, wie ausgerechnet ein Mitglied des bayerischen Ethikrates kundtat:[1] Der Ökonomiephilosoph Christoph Lütge hat an der Technischen Universität München den Peter-Löscher-Stiftungslehrstuhl inne, der auf den namensgebenden ehemaligen Siemens-Vorstandsvorsitzenden als Privatmäzen zurückgeht. Lütge ist dazu noch Direktor des von Facebook gesponsorten „TUM Institute for Ethics in Artificial Intelligence“. Vom Bayerischen Rundfunk nach Gründen für sein harsches Urteil über #ZeroCovid gefragt, gab Lütge seine Version des im April durch die Presse gegeisterten Boris-Palmer-Frühstücksfernseh-Ethos[2] zum Besten:[3]

„Das Durchschnittsalter der Corona-Toten liegt bei etwa 84 Jahren und da stirbt man an Corona oder auch an etwas anderem. So ist es nun einmal. Menschen sterben.“

Wenn jetzt also ein sozialmedial-professoraler Experte bereits wieder munter Herzlosigkeiten zusammen mit Unwahrheiten über „große Reserven“ bei den Krankenhauskapazitäten verbreitet,[4] dann ist wohl eines gewiss: Schon bald werden wir uns in neu anschwellenden “Lockerungsdebattenorgien” ergehen, anstatt die Epidemie endlich wirkungsvoll in den Griff zu bekommen. Und da ja bislang nur schleppend geimpft wird, kann so bei den wohl irgendwo zwischen 50 und 100 demnächst stagnierenden Inzidenzwerten das tödliche Corona-Jojo ab Februar oder März wieder weitergehen. Nur wird es diesmal vermutlich beschleunigt durch gefährlichere Virenmutationen wie die in Großbritannien wütende B-117, die auch unser Gesundheitssystem zum Kollaps bringen dürften.

Lernen in der Pandemie: Wird Michael Kretschmer aus Schaden klug?

Bereits in diesem debattierorgiastischen-selbstvergessenen Sinne fabulierte gestern ausgerechnet der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, in dessen Bundesland die Inzidenz gerade einmal unter 200 gefallen ist, von einem möglichen „Stufenplan für Lockerungen“ in den nächsten Wochen.[5] Es war übrigens derselbe Politiker, der noch im Oktober vor Corona-„Hysterie“ gewarnt hatte, um dann angesichts explodierender Infektionszahlen Anfang Dezember kleinlaut zugeben zu müssen, dass man im Nachhinein betrachtet manche Maßnahmen besser früher hätte ergreifen sollen.[6] „Wir haben dieses Virus unterschätzt – alle miteinander“, erklärte er im ZDF-Morgenmagazin.[7] Die Schuld für diesen Fehler suchte er allerdings weniger bei sich selbst als bei anderen: Er hätte sich gewünscht, dass er „früher gewarnt worden wäre“, klagte er in einem späteren Interview.[8] Ministerpräsidenten müssen der Presse Rede und Antwort stehen – aber bleibt ihnen eigentlich keine Zeit, auch einmal selbst die Zeitung zu lesen?

Lässiger und souveräner als Kretschmer kommt gewöhnlich sein bayerischer Amtskollege Markus Söder daher. Gemäß seiner pandemischen Leitmaxime der „Vorsicht und Umsicht“ scheint er bislang überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Und doch trug auch Söder bei aller merkelnahen Besorgtheitsrhetorik die wachsweichen Bund-Länder-Beschlüsse des Lockdown light mit – und das, obwohl Bayern nicht zuletzt aufgrund seiner prekären Grenzlage zu den am härtesten von Corona getroffenen Bundesländern gehört: Fast 388.000 COVID-19-Infektionen zählte die Johns-Hopkins-Universität im Freistaat bislang, denen mehr als 9500 Menschen zum Opfer fielen.[9]

Allein in der bayerischen Landeshauptstadt München sind inzwischen mehr als 700 Menschen an Corona gestorben. Die Süddeutsche Zeitung erinnert in ihrer gestrigen Ausgabe nun an die Einzelschicksale hinter der hohen Todeszahl.[10] Auch ruft sie Menschen, die einen Angehörigen aus München wegen COVID-19 verloren haben und an ihn erinnern möchten, dazu auf, sich bei der Redaktion zu melden (muenchen-online@sueddeutsche.de oder 089/2183-9977). Wie die Zeitung erläutert, ist ihr Gedenkprojekt „inspiriert von Beiträgen in der New York Times (‚Those We’ve Lost‘), dem Guardian (‚Lost to the virus‘) und dem Tagesspiegel (‚Den Toten der Pandemie‘).“

Würdiges öffentliches Gedenken der Coronatoten – nur wie?

Es ist erfreulich, dass wenigstens einige große Tageszeitungen das schmerzliche Thema des Totengedenkens aufgreifen und die Opfer der Pandemie so sichtbarer machen. Aber wann werden wir in Deutschland auch einmal alle gemeinsam in würdiger Form der COVID-19-Toten öffentlich gedenken – anstatt darüber zu streiten, ob diese Menschen nun „an oder mit Corona“ gestorben seien und oder ob ihr Tod gar dank einer schwächeren Influenzawelle eigentlich nicht ins Gewicht falle?

Der vorgestern erfolgte Aufruf des Bundespräsidenten, zum Gedenken an die bislang 50.000 Coronatoten eine Kerze ins Fenster zu stellen, war eine gut gemeinte Geste.[11] Aber ein würdiges öffentliches Gedenken kann die „Aktion #Lichtfenster“ nicht ersetzen. Das hätte angesichts des Leides, dass so viele Menschen zusammen mit ihren Angehörigen erfahren mussten, anders auszusehen. Ehrlicherweise müsste es auch von dem Eingeständnis der politisch Verantwortlichen begleitet sein, dass die hohen Todeszahlen im deutschen Coronaherbst auch mit einer von Pandemieverharmlosern zeitweise in die Irre geleiteten öffentlichen Debatte und mit vermeidbaren politischen Fehlentscheidungen zu tun hatten.

Denn neben Trauer ist ja auch Bitterkeit über diese Versäumnisse berechtigt, besonders wenn Menschen in ihrem persönlichen Umfeld von Leid und Verlust betroffen sind. Nichtdestotrotz warnt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn heute, nur zwei Tage nach Steinmeiers #Lichtfenster-Gedenkaufruf, davor, „dass 2021 nicht das Jahr der Schuldzuweisung“ werden dürfe. „Über Fehler und Versäumnisse reden ist wichtig. Aber ohne dass es unerbittlich wird. Ohne dass es nur noch darum geht, Schuld auf andere abzuladen“, mahnt Spahn.[12]

Pluralis Majestatis? Bekenntnisse des Ministers Jens Spahn

Leider lassen die weiteren Ausführungen des Ministers nicht erkennen, dass ihm klar wäre, wie wichtig Ehrlichkeit und die klare Benennung der persönlichen Verantwortlichkeit beim glaubwürdigen „Reden über Fehler und Versäumnisse“ sind. So gestand etwa Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow Anfang des Monats in einer Talkshow seinen Irrtum bei den Bund-Länder-Verhandlungen im Herbst offen ein – nicht er, sondern die Kanzlerin habe mit ihren Warnungen recht gehabt: „Ich habe mich von Hoffnungen leiten lassen, die sich jetzt als bitterer Fehler zeigen“, gab Ramelow zu.[13] Anders klingt jedoch heute Spahn, der, wie schon Kretschmer bei seinem Dezember-Statement, den Plural der ersten Person für seine Eingeständnisse wählt:

„Wir hatten alle zusammen das trügerische Gefühl, dass wir das Virus gut im Griff hätten. Die Wucht, mit der Corona zurückkommen könnte, ahnten wir, wollten es aber in großer Mehrheit so nicht wahrhaben. […] Wir haben dem Virus zu viel Raum gelassen. Wir hätten schon im Oktober bei geringeren Infektionen härtere Maßnahmen ergreifen müssen.“

Wir? Nicht alle haben mit Spahn im Herbst in das Lockdown-Light-Horn gestoßen. Zum Beispiel finden sich auch in diesem kleinen Blog zwei Beiträge im Oktober und November, in denen vor den Folgen einer laxen Pandemiestrategie gewarnt wurde – unter Verweis auf zahlreiche andere, laute und gewichtige Stimmen, deren Kritik in den Medien durchaus breit rezipiert wurde. Umfragen belegen dazu, dass rund ein Viertel der Bevölkerung die vom Bund und den Ländern vereinbarten Maßnahmen für nicht weitreichend genug hielt.[14] Die Politik hatte sich also im Herbst für einen Weg entschieden, der im laufenden Diskurs mehrheitsfähig schien, wenngleich vor ihm laut und vernehmbar gewarnt wurde.

Solange aber die Verantwortlichen den Mut zur schonungslosen Ehrlichkeit bei ihren Fehlereingeständnissen nicht haben, ist es vielleicht besser, auf einen nationalen Trauerakt für die Coronatoten vorerst zu verzichten und es bei wortlosen Gesten des Bedauerns wie den #Lichtfenstern zu belassen. Der stille Tod der über 50.000 COVID-19-Opfer, über den bislang so wenig Worte verloren worden sind, während über Einschränkungen durch Schutzmaßnahmen tagtäglich geklagt wird, ist zwar nicht nur traurig, sondern eigentlich sogar beschämend. Noch beschämender wäre es allerdings, wenn die Toten und ihre Angehörigen pauschal für ihr erlittenes Schicksal von selbstgerechten Rednern bei einer Gedenkfeier mitverantwortlich gemacht würden.

Anmerkungen:

[1] Christoph Lütge via Twitter am 17.1.2021, https://twitter.com/chluetge/status/1350863746957275136.

[2] Zu umstrittener Palmers Äußerungen vom vergangenen Frühjahr vgl. Der Tagesspiegel, 28.4.2020, „Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, https://www.tagesspiegel.de/politik/boris-palmer-provoziert-in-coronavirus-krise-wir-retten-moeglicherweise-menschen-die-in-einem-halben-jahr-sowieso-tot-waeren/25782926.html. Das vollständige siebenminütige Interview mit Palmer, das im SAT 1-Frühstücksfernsehens am 28.4.2020 stattfand, findet sich unter folgendem Link: https://www.sat1.de/tv/fruehstuecksfernsehen/video/202082-oberbuergermeister-boris-palmer-spricht-ueber-die-deutsche-wirtschaft-clip.

[3] Mitglied des Bayerischen Ethikrates kritisiert #ZeroCovid, BR24 21.1.2021, https://www.br.de/nachrichten/bayern/mitglied-des-bayerischen-ethikrates-kritisiert-zerocovid,SMfAiNI.

[4] In seinem dem Sender am 21.1.2021 dem BR gegebenen Interview (abrufbar unter dem in vorigen Fußnote angegebenen Link) leugnete Lütge eine Überlastung der Krankenhäuser durch die aktuelle Corona-Krise und sprach – im Widerspruch zu den Verlautbarungen von namhaften Krankenhaus- und Intensivmedizinern – von einer „für diese Jahreszeit absolut normalen Belegung“ bei noch „großen Reserven“. Ferner musste BR24 einen am 21.1.2021 veröffentlichten Artikel über Lütges Äußerungen zu #ZeroCovid mit folgendem Warnhinweis versehen: „Eine frühere Version des Artikels enthielt eine nicht belegbare Aussage von Christoph Lütge zu Übersterblichkeit aufgrund von Lockdown-Maßnahmen während der Corona-Pandemie. Wir haben diese daher entfernt.“ https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/kritik-an-initiative-zerocovid-handelt-massiv-unethisch,SMXQCUX.

[5] Kommen die Lockerungen hier früher als anderswo? In: Lausitzer Rundschau 23.1.21, https://www.lr-online.de/nachrichten/sachsen/corona-in-sachsen-kommen-die-lockerungen-hier-frueher-als-anderswo_-54633750.html.

[6] Kretschmer im ZDF zu Lockdown – “Verdummung im Land entgegentreten”, ZDFheute 9.12.2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-interview-michael-kretschmer-heute-journal-100.html.

[7] Kretschmer: “Haben dieses Virus unterschätzt”, ZDFheute 2.12.2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-sachsen-kretschmer-100.html.

[8] Ministerpräsident Kretschmer räumt Fehler in Corona-Politik ein, RND/dpa 8.1.2021, https://www.rnd.de/politik/corona-in-sachsen-michael-kretschmer-raumt-fehler-in-umgang-mit-pandemie-ein-VSFYEBNZT755FV3G3C32AY52YA.html.

[9] Die Zahlen sind entnommen aus dem Coronavirus-Monitor der Berliner Morgenpost (Stand 23.1.2021, 20 Uhr): https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit. Als Datenquelle werden hier angegeben: Johns Hopkins University CSSE (internationale Daten von WHO, CDC (USA), ECDC (Europa), NHC, DXY (China), Risklayer/Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Meldungen der französischen Ämter und der deutschen Behörden (RKI sowie Landes- und Kreisgesundheitsbehörden).

[10] So viele, die fehlen, in: Süddeutsche Zeitung 23.1.2021, https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/muenchen/coronatote-in-muenchen-die-menschen-hinter-den-zahlen-e487702/.

[11] Bundespräsident Steinmeier ruft auf zur Aktion #lichtfenster und lädt ein zum staatlichen Gedenken an die Corona-Toten in Deutschland, Pressemitteilung 22.1.2021, https://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/01/210122-Aufruf-Lichtfenster.html.

[12] Bund erwirbt 200.000 Dosen eines Antikörper-Medikaments, in: Deutsche Ärztezeitung 24.1.2021, https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Bund-erwirbt-200000-Dosen-eines-Antikoerper-Medikaments-416489.html. Die Äußerung fielen in einem Interview mit der Bild am Sonntag vom selben Tag (https://www.bild.de/bild-plus/politik/2021/politik/spahn-unter-druck-wir-haben-dem-virus-zu-viel-raum-gelassen-75032808,view=conversionToLogin.bild.html).

[13] Forderung nach noch härterem Lockdown, insuedthueringen.de 8.1.2021, https://www.insuedthueringen.de/inhalt.ramelow-raeumt-fehler-ein-forderung-nach-noch-haerterem-lockdown.a1d48333-018e-4b16-b39c-3e05ea779e24.html. Für einen Interviewausschnitt aus der Talkshow “Markus Lanz” mit Ramelows zitierten Äußerungen siehe https://www.zdf.de/nachrichten/video/politik-ramelow-corona-management-lanz-100.html. Ähnlich selbstkritisch hatte sich Ramelow bereits in einem Interview mit der FAZ geäußert, dass am Vortrag abgedruckt worden war: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bodo-ramelow-gesteht-fehler-im-kampf-gegen-corona-17135034.html.

[14] ZDF-Politbarometer 13.11.2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-rueckhalt-fuer-geltende-massnahmen-100.html.

„Lockdown light“ oder: Die Dialektik des Spätmerkelismus

Nach drei Wochen „Lockdown light“ fällt die Bilanz in Deutschland ernüchternd aus. Der Anstieg der Neuinfektionszahlen scheint zwar gebremst, verharrt aber weiter auf hohem Niveau. Am Freitag vermeldete das Robert-Koch-Institut (RKI) sogar einen absoluten Höchststand mit mehr als 23600 Corona-Neuinfizierten binnen 24 Stunden.[1] Der Inzidenzwert für Deutschland ist gegenüber dem Peak der vorigen Woche (159) leicht gesunken und beläuft sich heute auf 154. An der Spitze der Bundesländer liegt weiterhin die Hauptstadt Berlin mit einem Wert von 250 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in einer Woche, gefolgt von Sachsen (212), das seit zwei Wochen nun Bayern (187), Hessen (181) und Nordrhein-Westfalen (172) als Pandemie-Hotspot unter den Flächenländern übertrifft. Den mit dem Lockdown eigentlich republikweit wieder angepeilten Inzidenz-Grenzwert von 50 unterschreiten knapp Schleswig-Holstein (49) und Mecklenburg-Vorpommern (47).[2]


Drei Wochen Einschränkungen ohne echte Trendumkehr: die Ineffizienz des „Lockdown light“

Damit wird offensichtlich, wovor Kritiker bereits bei Verkündung des Maßnahmenkatalogs Ende Oktober gewarnt hatten: Der beschlossene „Lockdown light“ reicht angesichts des Ernstes der Lage nicht aus. Er entpuppt sich so als teure, ineffiziente Maßnahme zur Pandemiebekämpfung. Verwiesen wird hier auf das Beispiel Israel, das bereits im Sommer von der zweiten Welle getroffen worden war. Auch der Regierung in Jerusalem misslang es mit einem „Lockdown light“ im Juli und August, den Anstieg der Neuninfektionen nachhaltig zu stoppen – das wurde erst im Oktober nach einem vierwöchigen harten Shutdown des Landes erreicht, der auch den Bildungsbereich nicht ausnahm.[3]


Wunsch und Wirklichkeit in seuchengeplagten Schulen

Über die Rolle der Schulen im Infektionsgeschehen ist hierzulande bereits seit Ende des ersten Lockdowns ein erbitterter Streit entbrannt. Und wie so oft bei Debatten über schulpolitische Themen entwickelte sich aus einer Kontroverse alsbald eine Art föderal getriggerter Kultus-Glaubenskampf, in dessen Verlauf die eigentliche Problemlage und die dazugehörige Faktenbasis immer mehr aus den Augen verloren wurden. Nichtsdestotrotz hat RKI-Präsident Lothar Wieler in der vorigen Woche ausdrücklich noch einmal betont, es sei aus medizinischer Sicht nicht in Abrede zu stellen, dass auch Kinder und Jugendliche bei der Dynamik des Infektionsgeschehens eine ernstzunehmende Rolle spielen.

Wieler zufolge haben ältere Schulkinder und Jugendliche zwar in der Regel ein geringeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Corona-Infektion. Doch geben sie offenbar durchaus das Virus sowohl untereinander wie auch an Erwachsene weiter. Lediglich bei kleinen Kindern geht die Forschung überwiegend davon aus, dass Covid-19 nicht nur milder verläuft, sondern das Virus auch weniger selten auf andere übertragen wird.

Infolgedessen dürften schulpflichtige Kinder und Jugendliche zu den bedenklich hohen Neuinfektionszahlen durchaus substanziell beigetragen haben.[4] Und insofern können die Schulen dann auch keineswegs, nur weil sich das einige Kultusminister so wünschen, als „sichere Orte“ gelten. Wie alle geschlossenen Räume, an denen sich viele Menschen auf wenig Fläche versammeln, sind Klassenzimmer in Zeiten hoher Neuinfektionsraten eher unsicher, was insbesondere für alle potenziellen Risikopatienten aus dem Schulbereich besorgniserregend sein muss – seien es nun Asthmatiker unter den Schülern oder aber Bluthochdruckpatienten unter den Lehrkräften, von denen dazu jede Achte bereits in ihrem siebten Lebensjahrzehnt steht.[5] Je virulenter Covid-19 in der Bevölkerung ist, desto unwahrscheinlicher wird es, dass allein das Einhalten von AHAL-Regeln ausreicht, um eine sich auch in den Schulen beschleunigende Virenverbreitung zu unterbinden. Dafür spricht auch, dass gerade in den letzten Wochen die Zahl der Schüler*innen und Lehrer*innen, die als neu infiziert gemeldet wurden, erheblich gestiegen ist.[6]


Zweihundert Corona-Tote täglich – nehmen wir das wirklich in Kauf?

Nun könnte man meinen, dass es sich ein reiches Land wie die Bundesrepublik doch leisten kann, die zwar etwas ineffiziente und teure, dafür aber kommodere Schutzmaßnahme eines Lockdown in der Lightversion zu wählen. Schließlich steigen ja immerhin die Infektionszahlen nicht mehr an. Wenn man nun einfach einen solchen, ggf. leicht modifizierten Komfort-Teillockdown eine Weile verlängert, könnten wir wohl auch ganz allmählich noch einen Neuinfektions-Rückgang im Dezembers erreichen und so dann schließlich sogar die Gefahr bannen, dass uns in der zweiten Welle ein ähnliches Schicksal wie die noch reichere Schweiz droht. Dort sind nämlich nach wochenlangen Inzidenzwerten von über 500 inzwischen die Intensivstationen am Ende ihrer Kapazitäten angelangt und können Behandlungsplätze nur noch an Patienten mit guter Heilungssaussicht vergeben.[7]

Doch auch wenn wir in Deutschlands Krankenhäusern die gefürchtete Triage vermeiden, fällt es beim Blick auf die über Wochen stetig gestiegenen Zahlen der täglichen Todesopfer schwer, unsere derzeitige Pandemiestrategie noch als human zu bezeichnen. Vielmehr ist das Resultat des „Lockdowns light“ in seiner Ineffizienz schlichtweg grausam. Schon in der ersten Welle waren fast 9000 Menschen in Deutschland gestorben – hier traf uns aber die Ausbreitung des Virus relativ unvorbereitet und ohne viel Vorwissen. Die zweite Welle hat bereits jetzt rund 3000 Todesopfer gefordert, und jeden Tag kommen momentan über 200 Coronatote dazu. Bis Weihnachten könnten also beim Festhalten am „Lockdown light“ über 8000 Menschen der zweiten Welle zum Opfer gefallen sein.

Noch größer ist dann voraussichtlich bis zum Jahresende die Zahl derjenigen, die eine Corona-Infektion zwar überleben, aber aufgrund eines schweren Krankheitsverlaufs von gravierenden Folgeerscheinungen beeinträchtigt bleiben. Denn seit Wochen ist auch die Zahl der Patienten stetig gewachsen, die wegen Corona im Krankenhaus auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Am Freitag waren dies in Deutschland 3615 Fälle – Tendenz auch jetzt immer noch steigend.

Der Grund dafür, dass trotz stagnierender Neuinfektionen die Zahl der schwer Erkrankten sowie der Corona-Opfer weiter wächst, liegt vor allem darin, dass sich inzwischen wieder mehr ältere Menschen mit Covid-19 anstecken. Es zeigt sich, dass der Schutz der Risikogruppen eben nur funktioniert, solange das Neuinfektionsgeschehen noch unter Kontrolle ist. Das war aber in Deutschland schon Wochen vor dem “Lockdown light” nicht mehr der Fall. Wenn wir bei 10.000 oder gar 20.000 neu Infizierten pro Tag angelangt sind, vermögen sich Risikogruppenangehörige nicht mehr ausreichend zu schützen, da sie ihre Außenkontakte ja nun einmal nicht auf Null über Wochen reduzieren können. Für sie alle – in Deutschland immerhin gut ein Drittel der Bevölkerung[8] – gleicht der Herbst in Deutschland mit seiner hohen Virenverbreitung so einem täglichen Lotteriespiel mit ihrer Gesundheit oder gar ihrem Leben. Und wer in den letzten Wochen in die hinter FFP2-Masken hervorschauenden besorgten Gesichter alter Menschen geblickt hat, die hastig im Supermarkt ihre Einkäufe erledigen, weiß, dass nicht wenige von ihnen tagtäglich um ihre Gesundheit bangen.


„Light“-Mutlosigkeit – ein stiller Erfolg der lärmenden „Querdenker“

Die Angst dieser Menschen ist real und medizinisch betrachtet leider durchaus begründet, im Gegensatz zu der sozialmedial getriggerten Hysterie gegen Pandemieschutzmaßnahmen, welche die rechtsunterwanderten „Querdenker“ kultivieren. Tragenden Teilen dieser Bewegung – Identitäre, Reichsbürger, evangelikale Fundamentalisten – ist beinahe jedes Mittel recht, um unsere offene Gesellschaft zu diskreditieren. Ihre Ideologie ist antidemokratisch und menschengruppenfeindlich. In der Flüchtlingskrise befeuerten sie die Pegida-Hetze, während der Pandemie setzen sie sich nun an die Spitze der Corona-Leugner. Trump und Bolsonaro, ihrer Idole auf nord- und südamerikanischen Präsidentensesseln, haben es vorgemacht: Rechtspopulisten sind in ihrer verbohrten Gewissenlosigkeit sogar bereit, in Seuchenzeiten über hundertausende Leichen zu gehen, wenn sich daraus politisches Kapital schlagen lässt.

In Deutschland ist der Rechtspopulismus zwar politisch noch weitgehend isoliert, aber dennoch scheint es so, wie wenn die Strategie der von ihm orchestrierten „Querdenker“ insofern teilweise aufgeht, als deren lautstark inszenierter Protest in der Öffentlichkeit mehr Gehör findet als die stillen Nöte von Millionen potenzieller Corona-Risikopatienten. Denn letztendlich ist der „Lockdown light“ das Ergebnis eines zähen Ringens der Länderchefs mit dem Kanzleramt gewesen, bei dem offensichtlich die Scheu vor allzu großen Unannehmlichkeiten, die mehrwöchige härtere Einschränkungen den Jungen und Gesunden bereitet hätten, am Ende die Oberhand behielt. Vernachlässigt wurden hingegen die Sorgen von Alten und Kranken, deren Leben bei einer halbherzigen Bekämpfung der Pandemie auf dem Spiel steht.

Sicherlich bestand Ende Oktober zunächst noch eine vage Hoffnung, dass vielleicht doch auch die beschlossenen „Light“-Maßnahmen ausreichen könnten. Wenn man sich bei der Bekämpfung der Pandemie aber tatsächlich nur darauf beschränkt, den Kollaps der Kliniken verhindern zu wollen, ist das zwar besser als das Trumpsche Corona-Verharmlosen und insofern kein staatsverbrecherisches Versagen, was in den USA wohl über Hunderttausend Menschenleben zusätzlich gekostet hat. Aber dennoch ist es eine moralisch sehr zweifelhafte Strategie, denn sie nimmt über Wochen oder gar Monate Tote und schwer Erkrankte zusätzlich in Kauf, die mit einem kürzeren harten zweiten Lockdown vermieden werden könnten. Oder darf man ernsthaft einen solchen bitteren Preis der Großelterngeneration dafür abverlangen, dass der Präsenzunterricht der Schüler und die Erwerbstätigkeit der Eltern möglichst störungsfrei am Laufen gehalten werden?

 

Durchwurschteln durch die Coronakrise im GroKo-Style: Kritik der Dialektik des Spätmerkelismus

Das Bild, das Deutschland in der Corona-Krise im internationalen Vergleich abgibt, führt uns noch einmal die Stärken und Schwächen des Merkelismus am Ende seiner Ära vor Augen: Einerseits ist das Land im Vergleich zu europäischen Nachbarn relativ gut durch die Pandemie gekommen, weil die Kanzlerin mit gewohnt kühler Logik, gesundem Menschenverstand und einem offenen Ohr für den Rat medizinischer Experten sich um nüchtern-sachliche Krisenpolitik bemüht hat. Andererseits mangelte es aber, wie so oft bei Angela Merkel, an einer Einbettung des Regierungshandelns in einen größeren gedanklichen Kontext, der die Coronapolitik in der demokratischen Öffentlichkeit leichter vermittelbar gemacht hätte. Anfangs waren Merkels pragmatischer Zugriff sowie die Abstimmung mit den Ländern in Online-Runden sicher noch sachgerecht. Die Zeit drängte, und für weiter vorausschauendes Handeln lag einfach noch zu wenig gesichertes Wissen vor. Doch spätestens im Sommer wäre es trotz aller immer noch vorhandenen Unwägbarkeiten dann angestanden, eine längerfristige Strategie zu entwerfen und breitenwirksam zu kommunizieren. Stattdessen blieb es aber beim „Fahren auf Sicht“.[9]

Der GroKo-Style, dieses altbekannte, vorzugsweise auf die „Alternativlosigkeit“ der „Sachzwänge“ gestützte, kompromiss- und konsensorientierte „Durchwurschteln“, fand also auch beim Umgang mit der Pandemie wieder Anwendung, wenngleich die Kanzlerin gelegentlich etwas strenger als gewohnt die Beratungsrunden mit den Länderchefs zu moderieren schien. Dennoch bereitete dieser Framing-arme politische Stil wie gehabt den Rechtspopulisten den Boden: Denn die Visionslosigkeit des Regierungshandelns sowie das damit verbundene Kommunikationsdefizit ließen auch diesmal wieder Leerstellen im politischen Diskurs zurück, die die Rechtspopulisten auf ihre Art ausnutzen konnten. Diesmal ermöglichten die Diskurslücken den rasanten Aufstieg der kruden „Querdenker-Bewegung“. Denn dass auch die absurdesten Coronaleugner-Verschwörungstheorien so erstaunlich viel Resonanz in den sozialen Medien und auf Protestkundgebungen finden konnten, lag wohl auch daran, dass auf Regierungsseite eben kein griffiges visionäres Rahmenkonzept für eine verantwortungsvolle Bewältigung der Pandemie vermittelt worden war. Merkels gut gemeinte, aber zunehmend sich abnutzenden Podcast-Appelle konnten diese Lücke nicht ausreichend schließen.

Während zu Beginn der ersten Welle noch spürbar war, dass große Teile der Bevölkerung die einschneidenden Maßnahmen der Kontaktbeschränkungen im Lockdown mittrugen, ebbte so die Bereitschaft, sich Pandemie-vorbeugend zu verhalten und Einschränkungen weiter in Kauf zunehmen, seit dem Frühsommer zunehmend ab. Hätte man aber frühzeitiger mit Debattierlust und Überzeugungskunst die Bevölkerung auf eine vorausschauendere Pandemiestrategie des langen Atems eingeschworen, wäre Deutschland sicherlich nicht so stark von der zweiten Welle erfasst worden, wie das aktuell der Fall ist.


„The UK needs a sustainable strategy for COVID-19“ – and so do we!

Nötig ist deshalb jetzt ein Strategiewechsel, der zunächst die Neuinfektionszahlen rasch senkt und dann den Fokus auf vorbeugende Maßnahmen sowie ein frühzeitiges Eingreifen bei neuerlichen Verschlechterungen der Situation legt. Angelehnt sein könnte dieses neue Gesamtkonzept an Vorschlägen für eine „nachhaltige Covid-19-Strategie“, die eine Autorengruppe für Großbritannien kürzlich empfohlen hat.[10]

Zunächst ist aber für mehrere Wochen eine Verschärfung des zweiten Lockdowns unumgänglich. Privatkontakte müssen noch stärker auf das Notwendigste eingeschränkt werden, die Erwerbsarbeit sollte wo immer möglich im Home Office stattfinden und auch in den Schulen muss der Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht zumindest für ältere Schüler zum Regelfall werden. Wenn dann die Inzidenzwerte deutschlandweit unter die vorgesehenen Warnstufen wieder gefallen sind, sollte künftig frühzeitig reagiert werden, sobald es zu neuerlichen Anstiegen kommt – die ursprünglichen Warnwerte von 35 (gelb) und 50 (rot) müssen in Verbindung mit verbindlichen Kontakteinschränkungen bei ihrem Überschreiten in Kraft treten.

Um zu erreichen, dass Gesundheitsschutz und Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens auch in diesem Pandemiewinter in eine verantwortungsvolle Balance gebracht werden, könnte es helfen, sich von neuen Ideen und oder bereits bewährten Praktiken aus dem Ausland anregen zu lassen[11] – hier vier konkrete Vorschläge:

  1. Zur Verbesserung der Nachverfolgung von Infektionsketten hilft, wie ostasiatische Länder es vormachen, das digitale Tracking. Deshalb sollte eine erhebliche Steigerung der Verbreitung der Corona-Warn-App erreicht werden, die in Deutschland gerade mal von etwas mehr als 22 Millionen Menschen genutzt wird.[12] Vorschläge, wie die App attraktiver gestaltet werden kann, gibt es bereits seit einer Weile – es hapert nur an ihrer Umsetzung. Ebenso fehlt bislang eine große, öffentlichkeitswirksame Werbekampagne. Ergänzend zur App gibt es auch Vorschläge, wie ältere Menschen, die kein Smartphone haben, in das digitale Tracking-System einbezogen werden können.[13] Wenn aber nicht nur, wie derzeit, rund dreißig Prozent die Corona-App nutzen, sondern mehr als sechzig Prozent, könnte mithilfe einer effektiven Nachverfolgung der Neuinfektionen und rechtzeitiger Selbstquarantäne der Kontaktpersonen eine weitere Infektionswelle in diesem Winter wohl verhindert werden. Wieso sollte eine deutlich höhere App-Nutzungsquote in Deutschland eigentlich nicht zu schaffen sein, wo doch der Anteil der „Querdenker“-Sympathisanten in der Bevölkerung eigentlich nur bei zwölf Prozent liegt?[14] Und wenn nun schon fast alle Schüler ein Smartphone besitzen, warum ist die Nutzung der Corona-App in allen offen gehaltenen Schulen nicht einfach Ehrensache?
  2. Schnelltests sind mit unterschiedlichem Erfolg in vielen Ländern bereits eingesetzt worden. Ob eine Massen-Schnelltest-Strategie, wie sie in Südtirol, der Slowakei und nun voraussichtlich auch bald in Österreich zur Anwendung kommt, auch in Deutschland einen harten Lockdown ersetzen oder verkürzen könnte, wird kontrovers diskutiert.[15] In jedem Fall kann der vermehrte Einsatz von Schnelltests aber auch in Deutschland helfen, örtlich oder regional begrenzte neue Ausbrüche besser unter Kontrolle zu bekommen, Quarantäne-Zeiten abzukürzen und Risikogruppen besser zu schützen. Warum wird z.B. nicht in den Schulen für mehr Gesundheitsschutz mithilfe eines häufigeren Einsatzes von Antigen-Tests gesorgt? Denn bei Infektionsfällen könnte man die Quarantänezeiten für betroffene Klassen und ihre Lehrkräfte so minimieren. Stattdessen wurden angesichts gestiegener Infektionszahlen aber nun vielerorts in fragwürdiger Weise die Schutzbestimmungen maximal gelockert und nur noch infizierte Schüler sowie ihre Banknachbarn in Quarantäne geschickt.[16]
  3. Zu einer vorausschauenden Strategie gehört auch, ein Konzept bereit zu halten, das zum Einsatz kommt, wenn trotz aller Bemühungen die Infektionszahlen wieder die Deutschlandkarte in Gelb und Rot einfärben. Dann muss diesmal überlegter und entschlossener gehandelt werden. Es sollte deshalb in Präventionsplanungen bereits erwogen werden, bei einem nochmaligen Wellenbrecher-Shutdown zeitweise Schulschließungen dadurch zu ermöglichen, dass Teile der verbleibenden Ferienzeiten umgelegt werden. Was spricht beispielsweise dagegen, die Oster- und Pfingstferien notfalls um je eine Woche zu verkürzen, um so noch im Verlauf des Winters ggf. zwei Ferienwochen für einen wirksamen Wellenbrecher-Shutdown mit geschlossenen Schulen einsetzen zu können? Sicherlich ist dagegen mit dem Widerspruch der Tourismusbranche zu rechnen, die deshalb bei Lockdown-Verlusten weiterhin Hilfen erhalten muss. Den Lehrkräften dürfte eine solche, auch ihre Gesundheit schützende Coronaferien-Regelung im Zweifelsfall lieber sein als der derzeitige Präsenzunterrichts trotz hoher Inzidenzzahlen.
  4. Schließlich sollte die Pandemiekrise noch offensiver als bisher dafür genutzt werden, um anstehende Umgestaltungen und Modernisierungsmöglichkeiten der Lern- und Arbeitswelt mittels Digitalisierung voranzutreiben. Hier hinkt Deutschland hinterher, aber einiges ließe sich unter Ausnutzung des anhaltenden Handlungsdrucks noch zügiger verändern. Denn viele Arbeitnehmer werden auch nach Corona dankbar sein, wenn Home Office eine feste Alternative zur Anwesenheit im Büro bleibt. Arbeitgeber sparen dauerhaft Ausgaben, wenn Meetings virtuell ohne Kosten und Zeitverlust durch Anreisen abgehalten werden. Und jeder jetzt noch unternommene Schritt zu mehr Digitalisierung der Schulen zahlt sich als Modernisierung der Bildung langfristig aus. Staatliche Investitionen müssen hier aber nicht nur angekündigt, sondern die Anschaffung dann auch möglichst rasch getätigt werden – etwa Tablets für Schulklassen oder Dienstlaptops für Lehrkräfte.


Wie wir die Dialektik des Spätmerkelismus überwinden können

Dass Covid-19 uns auch noch im Jahr 2021 länger beschäftigen wird, ist absehbar. Aber erfreulicherweise ist in Europa nun wohl in Kürze der erste Impfstoff zugelassen, so dass vielleicht schon in wenigen Wochen mit Impfungen begonnen wird. Auch wenn eine durch Impfstoffe erzielte Herdenimmunität in der Bevölkerung wohl erst im späteren Verlauf des nächsten Jahres die Situation grundlegend verändern kann, ist das Ende der Krise nun endlich in Sicht. Diese früher als erwartete Aufhellung des Horizonts sollte es eigentlich erleichtern, eine vorausschauende, durchdachte Strategie der Bevölkerung zu vermitteln, auch wenn damit weiterhin erst einmal Einschränkungen verbunden sind. Die Regierung sollte sich hierzu mit Experten nochmals abstimmen und dann einen schlüssigen Plan zügig zur Diskussion zu stellen.

Eine humane Gesamtstrategie muss dabei den wirksamen Schutz der gesamten Bevölkerung zum Ziel haben. Es darf nicht weiterhin der Eindruck bestehen, dass der störungsarme Weiterbetrieb der Wirtschaft und das Offenhalten der Schulen mit einem Art Überlebens-Lotteriespiel der Alten und Kranken bezahlt wird.

Eine erfolgreiche Pandemiestrategie lebt in einem demokratischen Staat von der Bereitschaft, sich daran freiwillig zu beteiligen. Rigorose staatliche Zwangsmaßnahmen wie in China werden in Deutschland nicht zum Ziel führen – dann hätten wir unsere Rechte wirklich zugunsten einer „Corona-Diktatur“ aufgegeben, von der sich „Querdenker“ offenbar schon beim korrekten Aufziehen einer Mund-Nasen-Bedeckung geknebelt glauben.

Widerspruch oder Protest sollten Ansporn sein, die Pandemiestrategie im Parlament oder bei öffentlichen Auftritten besser zu begründen. Aber auch wenn wir die hartnäckige Corona-Leugner-Szene nicht erreichen, wird es maßgeblich darauf ankommen, möglichst viele Menschen mithilfe eines überzeugend vermittelten Gesamtkonzepts dafür zu motivieren, sich aktiv an einer humanen und solidarischen Pandemiebekämpfung zu beteiligen. Denn nur so können wir diese Strategie 2021 gemeinsam zum Erfolg führen.


Anmerkungen:

[1] Mehr als 23.600 Corona-Neuinfektionen, tagesschau.de vom 20.11.2020, https://www.tagesschau.de/inland/rki-neuinfektionen-rekord-103.html.

[2] Die Inzidenzzahlen sind entnommen aus dem Coronavirus-Monitor der Berliner Morgenpost (Stand 22.11.2020, 14 Uhr): https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit. Als Datenquelle werden hier angegeben: Johns Hopkins University CSSE (internationale Daten von WHO, CDC (USA), ECDC (Europa), NHC, DXY (China), Risklayer/Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Meldungen der französischen Ämter und der deutschen Behörden (RKI sowie Landes- und Kreisgesundheitsbehörden).

[3] Wie Israel die Infektionsrate drastisch senkte, in: Der Tagesspiegel 29.10.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/von-9000-auf-1000-wie-israel-die-infektionsrate-drastisch-senkte/26572386.html.

[4] Davon geht auch eine in „Science“ kürzlich veröffentlichte Studie aus, über die der Tagesspiegel am 2. Oktober berichtete: Kinder und junge Erwachsene treiben die Covid-19-Pandemie, https://www.tagesspiegel.de/wissen/kinder-sind-sehr-effiziente-uebertraeger-kinder-und-junge-erwachsene-treiben-die-covid-19-pandemie/26236846.html?fbclid=IwAR0a-6d-3FdKw81-i7kjq65SAW6oG0T8zG96EPLJsLpu5JddspbBPpG-G4o.

[5] So die Zahlen des statistischen Bundesamt zum vergangenen Schuljahr: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Schulen/Tabellen/allgemeinbildende-lehrkraefte-altebundeslaender.html.

[6] Zahl der Infektionen an Schulen nimmt stark zu, in: Der Spiegel 6.11.2020, https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/coronavirus-zahl-der-infektionen-an-schulen-nimmt-stark-zu-a-f6d60280-6d53-4755-976c-0d9f1177e471-amp?__twitter_impression=true.

[7] Alle Intensivbetten voll: Jetzt bezahlt die Schweiz den Preis für ihren Sonderweg, in: Focus 22.11.2020, https://www.focus.de/politik/ausland/mediziner-schlagen-alarm-intensivbetten-voll-jetzt-bezahlt-die-schweiz-den-preis-fuer-ihren-sonderweg_id_12676385.html.

[8] Spahn: 30 bis 40 Prozent sind Risikogruppe, in: zdfheute 9.11.2020, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-spahn-risikogruppen-100.html.

[9] Einen ausführlicherer Rückblick auf Deutschlands Umgang mit der Pandemie im Frühjahr und Sommer habe ich in meinem letzten Blogbeitrag vom 27.10.2020 gegeben.

[10] Deepti Gurdasani u.a.: The UK needs a sustainable strategy for COVID-19, in: The Lancelet 9.11.2020, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)32350-3. Vgl. auch das Interview mit der Göttinger Mitautorin des Papiers, Viola Priesemann, das in der Berliner Zeitung unter dem Titel „Forscherin zur zweiten Corona-Welle: ‚Ich hätte sofort lokal gegengesteuert‘“ am 17.11.2020 veröffentlicht wurde: https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/interview-viola-priesemann-li.118934. Von Campact e.V. wurde im Sinne dieser Forderungen ein Offener Brief an die Bundes- und Landesregierungen online lanciert, der bislang fast 80.000 Unterstützer gefunden hat: https://aktion.campact.de/corona/appell/teilnehmen?utm_source=homepage&utm_medium=cms.

[11] Vgl. Geht das jetzt immer so weiter? In: Die Zeit 17.11.2020, https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-11/corona-politik-impfung-lockdown-kontaktverfolgung-pandemiekontrolle-strategien.

[12] Corona-Warn-App: Downloads überschreiten 22-Millionen-Marke, in: connect 17.11.2020, https://www.connect.de/news/corona-warn-app-download-zahlen-3200860.html.

[13] Vgl. Push-Nachricht: “Einmal durchlüften, bitte!”, in: Süddeutsche Zeitung 19.11.2020, https://www.sueddeutsche.de/digital/corona-app-cluster-1.5120356.

[14] So die Zahlen des Politbarometers vom 13.11.2020: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-rueckhalt-fuer-geltende-massnahmen-100.html?slide=1605210718767.

[15] Wie sinnvoll sind Massentests? In: Der Spiegel 20.11.2020, https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-strategie-in-oesterreich-wie-sinnvoll-sind-massentests-a-a22f1ab1-b2ca-4413-b953-88bb7ff9288c#ref=rss?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ.

[16] Mehr Infektionen, weniger Isolation, in: Der Spiegel 12.11.2020, https://www.spiegel.de/panorama/bildung/schulen-in-der-coronakrise-mehr-infektionen-weniger-isolation-a-0e12ba63-2ad2-4f43-a516-c73e5731f040#ref=rss?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ.

Der Sommertanz ist vorbei – Angie, hol den Hammer raus!

PLÄDOYER FÜR EINEN INTELLIGENTEN ZWEITEN LOCKDOWN IM DEUTSCHEN CORONAHERBST

 

Am Sonntag mussten noch einmal die Uhren von der Sommer- in die Winterzeit zurückgedreht werden – fast hätten wir vergessen, wie wir uns vor einem Jahr noch kollektiv über diesen fragwürdigen Eingriff in unseren gewohnten Schlafrhythmus erregt hatten. Denn jetzt rauben uns ganz andere Sorgen den Schlaf – exponentiell explodieren auch in Deutschland die Corona-Zahlen. Die zweite Welle hat uns eingeholt, wie zuvor schon die europäischen Nachbarländer. Mitte letzter Woche überschritten die Tageswerte der Neuinfektionen republikweit erstmals die Zahl von 10.000, am Freitag kratzten sie bereits an der 15000er-Marke.[1] In München, wo ich lebe, sprang die Zahl am Mittwoch auf über 300 Neuinfektionen. An der Isar sind nach Kenntnis des städtischen Gesundheitsamtes momentan 2895 Menschen akut mit Corona infiziert – mehr als in der ersten Welle Anfang April.[2]

Deutschland hat in der letzten Woche damit auch den kritischen Inzidenzwert von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern gerissen. Bis gestern stieg diese Zahl republikweit auf 86. In München beträgt sie aktuell 114 – andere Großstädte haben sogar noch höhere Wochen-Inzidenzwerte zu vermelden, etwa Bremen (122), Berlin (133) oder, an der Spitze der deutschen Metropolen liegend, Frankfurt am Main mit knapp 200. Doch auch in der Fläche hat sich Corona nun breitgemacht. Den Warn-Inzidenzwert von über 35 wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner unterschreiten mittlerweile nur noch die zwei Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern (29) und Sachsen-Anhalt (32).

„Recht auf Bildung“ vs. Infektionsschutz: Coronawirrwarr an den Schulen

Als Lehrer habe ich die Debatte um den Schulunterricht in Corona-Zeiten besonders im Blick. Trotz der anrollenden zweiten Welle erklärt Yvonne Gebauer (FDP), Kultusministerin von Nordrhein-Westfalen, dass sie Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für die Schulen derzeit nicht anwenden wolle. Ihre Begründung, warum sie auf die laut RKI eigentlich gebotene generelle Maskenpflicht und den Unterricht in geteilten Klassen verzichte, obgleich ihr Bundesland einen der höchsten Inzidenzwerte in Deutschland verzeichnet:

„Ich übergehe die Wissenschaft nicht, ich habe nur einen anderen Auftrag als das RKI. Meine Verpflichtung ist es, Bildung auch in Coronazeiten sicherzustellen.“

Die Politik müsse Gebauer zufolge nämlich „den Infektionsschutz und das Recht der Kinder auf Bildung miteinander in Einklang bringen“.[3] Ehrlicherweise hätte sie eigentlich von einer Unterordnung des Infektionsschutzes unter die Maßgabe der Fortsetzung des Präsenzunterrichts sprechen müssen.

Mit dieser Marschrichtung durch den Coronaherbst steht Gebauer keineswegs allein – auch in Niedersachsen hält es Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) nicht für nötig, zumindest für ältere Schüler ein generelles Maskentragegebot anzuordnen.[4] Und in Berlin und Hamburg gilt trotz der dortigen Spitzeninzidenzwerte eine Maskenpflicht bislang nur für Schüler ab der 11. Klasse.[5]

Aber auch in Bayern, wo sich Ministerpräsident Söder gerne als Vorkämpfer allerstriktester Regeln geriert, aber der Inzidenzwert mit 92 dennoch nur knapp vor der erst letzte Woche neu eingeführten Stufe „Dunkelrot“ steht, herrscht de facto ein unübersichtlicher Fleckerlteppich. Nach dem Berchtesgadener Land musste am Montag auch der Landkreis Rottal-Inn wegen Inzidenzwerten von über 200 in den Lockdown, was dort Schulschließungen zur Folge hatte. Sonst führten aber bislang nur einige wenige Landkreise den Wechsel von Distanz- und Präsenzunterricht wieder ein. Ungeachtet der sich zuspitzenden Lage wurde in München gar die Maskenpflicht für Grundschüler wieder aufgehoben.[6]

Wir wissen zwar, dass Kinder keine „Virenschleudern“ sind, wie zu Pandemiebeginn zunächst befürchtet. Aber unbestritten bleibt, dass auch sie durchaus zur Verbreitung von Covid-19 beitragen können.[7] Wo Abstände nicht eingehalten und keine Masken getragen werden, sind also Grundschüler (unter denen es ja durchaus auch potenzielle Risikopatienten gibt, z.B. Asthmatiker) und ihre Lehrkräfte derzeit besonderen Ansteckungsrisiken ausgesetzt – auch in der „Weltstadt mit Herz“.

Merkelmilder Rückblick auf die Hahnenkämpfe im Seuchenfrühling

Verwirrend und besorgniserregend erscheint insofern derzeit die Corona-Lage in Deutschland. Dabei hatte das Land den Beginn der Pandemie vergleichsweise gut gemeistert. Manches ist zwar inzwischen ein wenig merkelmild verklärt worden. Denn nicht alles war im Frühjahr so vorbildlich, wie es uns unsere Kanzlerin in ihren jüngsten Podcast-Appellen glauben machen wollte. Reichlich Zoff zwischen den mutmaßlichen K-Kandidaten der Unionsparteien prägte die Corona-Debatten im März. Doch dann kam nach kurzem Gezerre zwischen Laschet und Söder und dem Vorpreschen des Bayern der von Merkel klug kommunizierte republikweite Lockdown. Das war zum Glück gerade noch rechtzeitig genug, um die im März in Gang gekommene exponentielle Virenverbreitung bereits im April wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Dieser Anfangserfolg war auch der Bereitschaft der Bevölkerung zu verdanken, den ersten Lockdown geduldig mitzutragen, aus Solidarität mit den Älteren und chronisch Kranken, für die eine Infektion lebensbedrohlich sein kann. Dennoch starben bundesweit rund 9000 Menschen im Verlauf der ersten Welle an Covid-19 – ein „nur“ traute sich unsere Regierung vor diese hohe Zahl zu setzen, weil wir im Vergleich mit Italien oder Spanien noch glimpflich davonkamen.

Freilich schien bereits Ende April die Solidarität zu bröckeln. Früh begann sich Laschetsche Ungeduld breitzumachen, umsonst warnte Kanzlerin Merkel ihre Partei vor voreiligen „Lockerungsdebattenorgien“. Und so gelang es auch nicht, die Infektionszahlen so drastisch zu senken wie etwa in China oder Japan. Ein Sockelwert von täglichen Neuinfektionen, die zwar nicht mehr in Tausendern, aber immer noch in Hundertern zu zählen waren, blieb uns im Zuge der im Mai und Juni erfolgten Rücknahmen der Corona-Bestimmungen erhalten. Ob eine schleichende Verteilung des Virus für die Intensität des jetzigen zweiten Ausbruchs mitverantwortlich ist? In jedem Fall verloren trotz der gesenkten Neuinfektionsrate in Deutschland auch während der Sommermonate fast jeden Tag mehrere Menschen wegen Covid-19 ihr Leben.

Sozialmedial vermittelter Wahnsinn und sommerliche Spaßgesellschaft

Im Sommer setzte sich die Erkenntnis durch, dass das Virus offenbar viel leichter als zunächst vermutet über Aerosole übertragen wird. Während Aktivitäten an der frischen Luft so als weitgehend gefahrlos eingestuft werden konnten, wurde in geschlossenen Räumen das Tragen von Masken nun mit mehr Nachdruck verpflichtend gemacht. Neue Seuchenerkenntnisse dafür zu nutzen, um Freiräume im Alltagsleben zu ermöglichen oder mit angepassten Regelungen zu erhalten, begrüßten die meisten mit Vernunft begabten Menschen hierzulande. Von „Querdenkern“ wurden die frisch gewonnenen sommerlichen Freiheiten allerdings medial wirksam mit schriller Maskenverweigerungsfolklore konterkariert. Leugner bekannter Tatsachen, die etwa behaupten, die Erde sei eine Scheibe, nannte man früher einfach Spinner und bemitleidete sie eher. Gelegentlich fuchtelte auch irgend so ein armer Irrer mit handgemalten Pappschildern an einer Straßenecke herum – das war’s aber dann auch schon. Inzwischen kann sich offenkundiger Wahnsinn sozialmedial getriggert rasend verbreiten, schneller noch als Covid-19. Und so schienen in diesem Berliner Coronasommer wirre Fieberfantasien vom nahenden Ende der Republik, die etwa ein irrlichternder Koch oder ein abtrünniger Pastor unter ihren Followern verbreiteten, sich plötzlich zur handfesten Gefahr für unsere Demokratie aufzuschaukeln.

Der „Sturm auf den Reichstag“ aus der Perspektive rechter Protestierer (Quelle: „Demo Channel“-Video auf YouTube, https://www.youtube.com/watch?v=eiiG0rQijWI))

So ärgerlich die Bilder vom „Sturm auf den Reichstag“ auch waren – eine größere politische Wirkung entfaltete wohl der Eindruck in der Öffentlichkeit, dass am 29. August mehr als nur ein paar „Covidioten“ regenbogen- und reichskriegsflaggenschwenkend protestiert hatten. Vielmehr machte sich nun die Sorge in den Parteien breit, die Bürger nicht durch ein allzu striktes Seuchenschutzmanagement vor den Kopf zu stoßen. Und so wurden im Verlauf des Sommers Pandemieruhekissen eilfertig mit einlullenden politischen Mantras bestickt, etwa: „Einen zweiten Lockdown darf es unter keinen Umständen geben“ oder „Schulen müssen auf jeden Fall offen bleiben“.

Nur welcher verantwortungsvolle Politiker konnte so etwas eigentlich ernsthaft versprechen? Entwarfen Virologen im Frühjahr nicht vielmehr ein Szenario für die Zeit bis zu wirksamen Impfungen, das einen flexiblen Umgang mit der Pandemie je nach Infektionslage vorsah – ganz im Sinne der von Tomás Pueyo geprägten Formel „The Hammer and the Dance“?[8] Flexible Reaktionen – mal angemessene Lockerungen, dann wieder die gebotenen Einschränkungen – waren demnach zur Vermeidung neuer großer Ausbrüche nötig („Dance“), aber auch ein weiterer Lockdown („Hammer“) keinesfalls vor vornherein auszuschließen. Jedoch unterließ es selbst Kanzlerin Merkel, diese unbequeme Wahrheit in ihren ab September zunehmend besorgt klingenden öffentlichen Äußerungen ehrlicherweise einfließen zu lassen.

Maske und Frischluft: Deutschlands Spätsommertanz zögert die zweite Welle etwas hinaus

Wie wir anhand des Pandemieverlaufs im Spätsommer nun rückblickend erkennen können, milderte und verzögerte offenbar die Verlagerung des Lebens ins Freie und das Tragen von Masken zwar zunächst den Anstieg der Neuinfektionen. Doch reichten die propagierten AHA-Maßnahmen offenbar nicht aus, um die beginnende exponentiellen Verbreitung wirklich aufzuhalten. Wie schon die erste Welle kommt so nun auch die zweite Welle lediglich mit etwas Verzögerung gegenüber den Nachbarstaaten nach Deutschland.

Freilich ist dieser Zeitgewinn ein nicht zu unterschätzender Vorteil, der für adäquate weitere Schutzmaßnahmen hätte genutzt werden können. Doch war die Öffentlichkeit zu sehr vom No-Lockdown-Mantra eingelullt und so auf rasche Änderungen im Pandemiemanagment nicht eingerichtet. Anders als im Frühjahr ist es uns deshalb im Oktober bislang nicht gelungen, das Deutschland gewährte Zusatzzeitfenster sinnvoll zu nutzen. Stattdessen wurde es mit chaotischen, kleinteiligen und wenig wirksamen Maßnahmen vertrödelt. Wenn wir aber den kleinen zeitlichen Rest, der uns noch bleibt, nun nicht entschieden und wirksam nutzen, wird uns wie die Nachbarstaaten die volle Wucht einer zweiten Pandemiewelle treffen. Der einzige Vorteil, der Deutschland dann noch bleibt, ist sein gut ausgestattetes Gesundheitssystem, das bei fortgesetzter exponentieller Verbreitung des Virus aber auch an seine Grenzen noch stoßen wird.

Ungeachtet dessen, ob wir wenigstens die schlimmen Krankenhausdramen, die sich im vergangenen Frühjahr in Italien abgespielt haben, vermeiden können, ist in jedem Fall mit einer raschen Zunahme der Todesopfer zu rechnen. Im September lag zwar ihre tägliche Zahl zunächst noch kaum über dem niedrigen Sockelniveau der Sommermonate. Deshalb wurde bis vor Kurzem auch noch vor einer „Überdramatisierung“ der Lage gewarnt. Die gestiegenen Zahlen den Neuinfektionen würden sich durch die höheren Testkapazitäten erklären, und außerdem überwiege immer noch der Anteil an jüngeren Infizierten mit leichten Verläufen, hieß es. Doch im Oktober kam es dann zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der Coronatoten. So starben in der vergangenen Woche täglich zwischen 27 und 49 Menschen in Folge von Covid-19, und auch die Zahl der schwererkrankten Intensivpatienten stieg sprunghaft an.[9] Ist es wirklich überdramatisiert, wenn man aus diesem Verlauf Handlungsdruck ableitet? Oder müssen es mindestens 100 Tote täglich sein, bevor der Singsang des wohlfeilen Sommer-Mantras vom unbedingt zu vermeidenden Lockdown endlich verstummt?

Die Alten sterben lassen zum Wohle der Wirtschaft – ein zynischer Rechenfehler

Neben chronisch Kranken bezahlen vor allem alte Menschen eine Corona-Infektion häufiger mit ihrem Leben. Der Tübinger Oberbürgermeister gab gegen Ende des ersten Lockdowns hierzu ernsthaft Folgendes im Frühstücksfernsehen eines Privatsenders zu bedenken:

„Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären – aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen.“

Die Pandemie verkürzt also nur ein Bissele das Leben der „hochaltrigen“ Menschen – alles halb so schlimm! [10]

Als ich das im April hörte, war ich erst wütend – und dann erleichtert, dass meinen eigenen Eltern, Gott sei dank, das nicht mehr erleben. Mein Vater wurde 85 – eigentlich ein stolzes Alter, und doch kam sein Tod wegen eines zu spät erkannten Hirntumors überraschend schnell. Drei Monate zuvor war er noch mit dem Auto durchs Dorf gefahren, um mit meiner Mutter Einkäufe zu erledigen. Das alles liegt glücklicherweise nun schon ein paar Jahre zurück. Denn so muss ich mit niemandem, auch nicht mit einem schwäbischen OB, darum feilschen, ob der Erhalt der allerletzten Lebensjahre meiner betagten Eltern es wirklich wert ist, dass deswegen das öffentliche Leben eingeschränkt wird.

Konsequentes Pandemiemanagment: Vorbilder in Ostasien

Der Palmersche Zynismus ist unverzeihlich inhuman. Darüber hinaus ergibt er aber nicht einmal ökonomisch betrachtet einen Sinn, wenn man die Perspektive global erweitert. Denn die einzige große Wirtschaftsmacht, deren Bruttoinlandsprodukt auch im Corona-Krisenjahr noch wächst, ist China.[11] Der Pandemie sind dort nach ihrem erstmaligen Ausbruch Ende 2019 zwar auch über 4600 Menschen zum Opfer gefallen. Aber nach einem harten Lockdown Anfang 2020 scheint das Reich der Mitte von einer zweiten Welle nun praktisch verschont zu bleiben.

Es ist aber nicht nur das vom „unübertroffenen Steuermann“ Xi Jinping autoritär gelenkte China, das mit vergleichsweise wenigen Seuchenopfern und geringeren Wirtschaftseinbußen durch das Jahr 2020 kommt. Auch Ostasiens Demokratien stehen im Vergleich zu Deutschland in der Corona-Krise besser da – so etwa Taiwan, Japan oder Südkorea.

In keinem dieser drei Länder hat man zu Beginn der Pandemie eine erbitterte „Masken-Debatte“ geführt wie etwa bei uns. Auch wenn die Wirksamkeit des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung anfangs nicht eindeutig erwiesen war, hielt man es in asiatischen Ländern für selbstverständlich, eine solch leicht verfügbare Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung von Viren sofort zu nutzen. Bei uns dagegen scheinen die kulturell bedingten Vorbehalte gegen jedwede Gesichtsverhüllung so tief verankert,[12] dass nicht nur „Querdenker“ sondern sogar der Ärztekammer-Präsident die inzwischen wissenschaftlich belegte Wirksamkeit von Alltagsmasken bei der Einschränkung der Covid-19-Verbreitung noch letzte Woche ernsthaft anzweifelte.[13]
Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/hande-erde-festhalten-umwelt-4167544 (Foto von Anna Shvets).

Gemeinsam ist den ostasiatischen Ländern ferner, dass sie frühzeitig nach Ausbruch der Infektion weitreichende Maßnahmen zum Stopp ihrer Verbreitung ergriffen haben. Strikte Quarantäne-Regeln oder frühzeitige lokale Lockdowns in Gebieten, die von kleineren Ausbrüchen betroffen waren, sowie landesweite Kontakteinschränkungen bereits bei verhältnismäßig geringen Anstiegen der Infektionsraten führten dazu, dass Covid-19 nicht in dem Maße außer Kontrolle geraten konnte, wie wir es derzeit in Europa erleben. Das strikte asiatische Pandemiemanagment mag uns bisweilen übertrieben erscheinen. Im Vergleich mit der Situation in Europa hat es sich aber ausgezahlt: Vielen Menschen wurde das Leben gerettet und auch die Belastungen der Wirtschaft konnten ein Stück weit eingegrenzt werden. Denn frühere Einschränkungen oder regionale Lockdowns waren insgesamt weniger belastend für das ganze Land und und eröffneten dazu die Chance zu einer früheren Rückkehr in einen Zustand vorsichtiger Normalität. Sowohl beim Umgang mit dem „Hammer“ wie auch beim „Tanz mit dem Virus“ könnten sich die Europäer also von Ostasien einiges abschauen.

Sicherlich kann man die Rezepte anderer Länder, noch dazu anderer Kulturkreise, nicht eins zu eins übertragen. Doch zumindest macht der Blick nach Ostasien deutlich, dass wir wenig Grund haben, unser Coronamanagment nur deshalb für vorbildlich zu halten, weil es derzeit bei europäischen Nachbarländern noch schlechter läuft, oder weil man in Trumps Amerika mit seinen fast 225.000 Coronatoten traurigerweise nicht einmal erkennen kann, ob die erste Welle dort überhaupt je aufgehört hat. Covid-19 betrifft die ganze Welt – anstatt hochmütig uns immer nur selbst zum Maßstab zu nehmen, sollten wir uns lieber von den Best-Practice-Beispielen auf dem gesamten Globus anregen lassen.

Zeit für mehr als nur ein wenig Gehämmer: Mut zum intelligenten Lockdown

Vor allem aber müssen wir endlich die momentane Covid-19-Realität klar zur Kenntnis nehmen und entsprechend handeln. Wir sind in der zweiten Welle, mitten im exponentiellen Anstieg, und sollten jetzt sofort wirksame und weitreichende Maßnahmen ergreifen, um aus der exponentiellen Kurve wieder herauszukommen. Zwar kann der anstehende „intelligente Lockdown“ besser auf das Infektionsgeschehen, dass die Virologen inzwischen ein Stück weit analysiert haben, angepasst werden. Das öffentliche Leben muss also wohl nicht noch einmal nahezu vollständig zum Erliegen kommen. Aber dennoch bedarf es grundsätzlich wieder der gleichen Entschlossenheit der Regierungen wie im Frühjahr und des gleichen Zusammenhalts der Bevölkerung, um diese Gesundheitskrise in Solidarität mit den besonders gefährdeten Menschen zu überstehen.

Denn wenn die Kontakte in den nächsten Wochen wirklich nachhaltig eingeschränkt werden sollen, wird es wohl unvermeidlich sein, den Gastronomie-, Kultur- und Sportveranstaltungsbetrieb deutlich mehr als bisher zu regulieren und einzuschränken, die Wirtschaft wieder so weit wie möglich auf Home Office-Betrieb umzustellen und in Schulen nochmals den Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht einzuführen. Zudem müssen die Menschen generell – und nicht nur durch die Kanzlerin via Podcast-Seelenmassage – aufgefordert werden, sich möglichst zu Hause aufzuhalten und Privatkontakte wieder deutlich einzuschränken.

Es wäre es dabei sicherlich sehr hilfreich, wenn für diesen intelligenten Lockdown nun eine klarere Zielvorgabe als im Frühjahr gemacht wird. Ob jetzt noch ein von Kanzlerin Merkel ins Spiels gebrachter „Lockdown light“[14] oder das von dem SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach propagierte englische Konzept eines „Short Shutdown“[15] bei den davongaloppierenden Infektionszahlen ausreicht, muss allerdings bezweifelt werden. Denn der richtige Zeitpunkt für den Einsatzes eines Mikro-Hammers wäre wohl eher bereits Anfang Oktober gewesen. Nachhaltig wirksam könnte jetzt vermutlich das gezieltes Herunterfahren der Kontakte über ca. vier Wochen sein – in diesem Zeitraum hat Israel jedenfalls die dort im September explodierten Infektionszahlen wieder in den Griff bekommen.

Auf jeden Fall sollte die Bevölkerung von Anfang an absehen können, dass bei einer disziplinierten Umsetzung die Einschränkungen des „Hammers“ nach einem überschaubaren Zeitraum wieder zurückgenommen werden. Auch für die Phase der Lockerungen ist eine planvollere Strategie als im vergangenen Mai angezeigt. Denn ohne eine nochmals von unionsinternen Hahnenkämpfe getriebene Vorgehensweise liegt die Chance sicherlich höher, dass in einem vorausschauenden, vorsichtigen „Tanz mit dem Virus“ das Infektionsgeschehen den Winter über dann nicht mehr so außer Kontrolle gerät wie jetzt.

Solidarisch getragene Krisenstrategie: Festigung unserer vom Rechtspopulismus gebeutelten Demokratie

Freilich sollten auch die wirtschaftlichen Folgen des zweiten, diesmal gezielter als im März gegen die Pandemie eingesetzten Lockdown-Hammerschlags solidarisch getragen werden. Hilfsprogramme müssen nicht nur telegen angekündigt, sondern auch unbürokratisch und gerade für die kleinen Betriebe praktikabel umgesetzt werden. Eine Unternehmenspleiten- oder Privatinsolvenzwelle darf nicht der Preis der Pandemie sein. Mit dem Kurzarbeitergeld wurde zwar vielen Angestellten in betroffenen Unternehmen geholfen. Zusätzlich ist aber auch eine Krisenabsicherung des Lebensunterhalts von Selbstständigen nötig, die beispielsweise im Kulturbetrieb von den Einschränkungen besonders betroffen sind.

Wenn wir uns in Deutschland, von globalen Krisenvorbildern inspiriert, also zu mehr verantwortungsvoller Entschlossenheit beim Umgang mit der Pandemie durchringen, werden wir hoffentlich schon im Dezember wieder die Neuinfektionszahlen sinken sehen. Wir haben bis dahin zwar wohl nochmals 1000 weitere Todesopfer zu betrauern – aber wenigstens nicht wieder mehrere Tausend. Kurzzeitig leidet unsere Wirtschaft zwar unter dem „Hammer“, aber wir werden sie durch die Rückgewinnung der Kontrolle über die Pandemie in den Monaten des darauffolgenden „Tanzes“ insgesamt eher weniger schwächen.

Der vielleicht wichtigste Ertrag einer solchen solidarischen Krisenstrategie scheint mir aber zu sein, dass die Menschen in Deutschland erleben werden, wie man gemeinsam eine Pandemie in humaner Weise erfolgreich übersteht. Diese Erfahrung einer demokratischen Gesellschaft kann vielleicht die beste Medizin sein gegen eine andere, schon länger grassierende, möglicherweise sogar noch gefährlichere Krankheit unserer Zeit – die ideologische Seuche des Rechtspopulismus.

 

Anmerkungen:

[1] Die Covid-19-Zahlenangaben sind im Folgenden, soweit nicht anders angegeben, entnommen aus dem Coronavirus-Monitor der Berliner Morgenpost (Stand 27.10.2020, 12 Uhr): https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit. Als Datenquelle werden hier angegeben: Johns Hopkins University CSSE (internationale Daten von WHO, CDC (USA), ECDC (Europa), NHC, DXY (China), Risklayer/Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Meldungen der französischen Ämter und der deutschen Behörden (Robert-Koch-Institut sowie Landes- und Kreisgesundheitsbehörden).

[2] https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtinfos/Coronavirus-Fallzahlen.html (Stand 27.10.2020, 18 Uhr).

[3] Süddeutsche Zeitung (SZ) 23.10.2020, „Ich übergehe die Wissenschaft nicht“, https://www.sueddeutsche.de/politik/schulen-ich-uebergehe-die-wissenschaft-nicht-1.5090888.

[4] Tonne will so lange wie möglich Präsenzunterricht an Schulen, https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Tonne-will-so-lange-wie-moeglich-Praesenzunterricht-an-Schulen,corona4870.html.

[5] SZ 23.10.2020, Haltet sie auf! (https://www.sueddeutsche.de/bildung/corona-schulschliessung-maskenpflicht-unterricht-1.5092010).

[6] SZ 23.10.2020, Der große Flickenteppich, https://zeitung.sueddeutsche.de/webapp/issue/sz/2020-10-23/page_2.434815/article_1.5089748/article.html). Einen Kommentar über die praktischen Auswirkungen der derzeitigen Corona-Wirren auf die Schulen hat aus Sicht betroffener Lehrkräfte Florian Kohl letzte Woche verfasst: https://joschafalck.de/taeglich-einen-apfel.

[7] Deutsches Ärzteblatt 3.6.2020, SARS-CoV-2: Drosten bleibt bei Aussagen zur Ansteckungsgefahr durch Kinder, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/113465/SARS-CoV-2-Drosten-bleibt-bei-Aussagen-zur-Ansteckungsgefahr-durch-Kinder.

[8] Tomás Pueyo, Coronavirus: The Hammer and the Dance (19.3.2020), https://medium.com/@tomaspueyo/coronavirus-the-hammer-and-the-dance-be9337092b56.

[9] SZ 26.10.2020, Merkel will am Mittwoch über neue Regeln beraten, https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-pandemie-merkel-will-am-mittwoch-ueber-neue-regeln-beraten-1.5094710.

[10] Der Tagesspiegel, 28.4.2020, „Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, https://www.tagesspiegel.de/politik/boris-palmer-provoziert-in-coronavirus-krise-wir-retten-moeglicherweise-menschen-die-in-einem-halben-jahr-sowieso-tot-waeren/25782926.html. Das vollständige siebenminütige Interview mit Palmer, das im SAT 1-Frühstücksfernsehens am 28.4.2020 stattfand, findet sich unter folgendem Link: https://www.sat1.de/tv/fruehstuecksfernsehen/video/202082-oberbuergermeister-boris-palmer-spricht-ueber-die-deutsche-wirtschaft-clip (ab 3:07 min. die umstrittenen Äußerungen).

[11] Ausgegangen wird von einem Wirtschaftswachstum 2020 von 1,9 Prozent (https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/china-wirtschaftswachstum-111.html). Die Bundesregierung erwartet hingegen in diesem Jahr einen Rückgang der deutschen Wirtschaft um 5,8 % (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/wirtschaftliche-entwicklung.html).

[12] Vgl. Julia Hauser, Demaskiert: Covid-19 und die kulturelle Dimension der Debatten um die Maskenpflicht, in: Geschichte der Gegenwart 8.4.2020, https://geschichtedergegenwart.ch/demaskiert-covid-19-und-die-kulturelle-dimension-der-debatten-um-die-maskenpflicht.

[13] Die Zeit 22.2.2020, Ärztepräsident zweifelt Nutzen von Masken an, https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2020-10/klaus-reinhardt-aerztepraesident-masken-schutz-karl-lauterbach.

[14] SZ 27.10.2020, Medienbericht: Merkel für begrenzten Lockdown, https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-news-deutschland-merkel-lockdown-1.5093731.

[15] Der Spiegel 27.10.2020, SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach wirbt für “Wellenbrecher-Shutdown”, https://www.spiegel.de/politik/deutschland/corona-pandemie-karl-lauterbach-wirbt-fuer-wellenbrecher-shutdown-a-6f0358fc-e2b0-4747-be11-6ba5f69772db#ref=rss?sara_ecid=soci_upd_wbMbjhOSvViISjc8RPU89NcCvtlFcJ.