Joseph Bologne de Saint-Georges

Joseph Bologne de Saint-Georges
Chevalier – Komponist – Fechter

Der Sohn eines französischen Pflanzers und einer schwarzen Sklavin führte ein ereignisreiches Leben. Sein Weg führte ihn aus der Karibik zur Ausbildung nach Frankreich, durch die Konzertsäle Europas, warf ihn mitten hinein in die Wirren der Französischen Revolution. Seine Herkunft wurde wiederholt zum Anlass genommen, seiner Karriere aus rassistischen Vorbehalten Steine in den Weg zu legen.

Le Chevalier de Saint-Georges von Mather Brown, 1787

Am 25. Dezember 1745 wurde Joseph Bologne auf der Karibikinsel Gouadeloupe geboren. Sein Vater George de Bologne de Saint-Georges (1711-1774) war Pflanzer auf der zum französischen Kolonialreich gehörenden Insel. Seine aus dem Senegal stammende Mutter Elizabeth Francoise war Zofe bei Georges Ehefrau Anne Nanon und bei der Geburt von Joseph gerade mal 16 Jahre alt. 1747 wurde George zu einem Duell gefordert und verletzte dabei seinen Gegner schwer. Der Mann starb wenige Tage später. George wurde des Mordes angeklagt, floh und wurde am 31. März 1748 in Abwesenheit zum Tode verurteilt, sein Besitz eingezogen.

Seine Ehefrau Anne Nanon kehrte daraufhin nach Frankreich zurück, gemeinsam mit ihrer Zofe und deren Sohn Joseph, dem illegitimen Kind von George de Bologne. Es war der Bruder des Vaters, wohlhabend mit besten Verbindungen zum Hof Ludwig XV, der Joseph den Weg zur höheren Bildung und in die feine Gesellschaft ebnete. Ab 1753 besuchte der Junge das Collège Saint-Louis im französischen Angoulême. Mit 13 Jahren erhielt er eine Fechtausbildung an der Schule des bekannten Fechtmeisters Nicolas Texier de la Boëssière, zudem eine musikalische Ausbildung. Ab 1763 verwendete Joseph den Titel seines Vaters und wurde im Jahr darauf in die Garde du corps du roi in Versailles aufgenommen, einer Elite-Einheit der Kavallerie. Mit 19 Jahren schloss er seine Ausbildung an der Fechtschule als einer der besten Fechter Europas ab. Wiederholt war sein Können Anlass, ihn zu Duellen herauszufordern. In mindestens einem Duell waren rassistische Beleidigungen eines Fechtmeisters Anlass genug für ein Duell. Joseph, damals Fechtschüler, besiegte Alexandre Picard, der ihn durch die Strassen von Rouen gefolgt war und ihn als „Boessiere’s mulatto“ beschimpft hatte.

Fechtduell zwischen St Georges und “La chevalière D’Eon”, 9. April 1787 im Carlton House, Gemälde von Charles Jean Robineau.

Josephs musikalische Anfänge sind nicht ganz eindeutig. So wird angenommen, dass er u.a. bei dem Violin-Virtuosen Pierre Gaviniès Unterricht nahm, doch gesichert ist dies nicht. Ende der 1760er Jahre trat er Gossecs Concerts des Amateurs bei, wo er 1772 mit zwei selbst komponierten Violinkonzerten debütierte und mit einem Schlag als Geigenvirtuose bekannt wurde. Als Gossec 1773 zum Direktor des Concert Spirituel ernannt wurde, übernahm Joseph die Leitung des Concert des Amateurs. Im selben Jahr erschienen sechs weitere Streichquartette. In den folgenden Jahren etablierte sich Joseph in der Pariser Musikszene.

Als sein Vater 1774 verstarb, erbte die Halbschwester die Plantagen auf Guadaloupe. Als außereheliches Kind erhielt Joseph nichts. Obwohl als Musiker, Komponist und vielseitiger Athlet eine in der Pariser Gesellschaft umschwärmten Persönlichkeiten, wurde er zunehmend mit Rassismus konfrontiert. An der Académie Royale de Musique weigerten sich einige Sängerinnen, unter einem „Mulatten“ zu singen, eine Tänzerin intervenierte gegen ihn durch einen einflussreichen Gönner bei Hofe und schließlich wurde die Berufung Josephs auf einen der Direktorenposten der Académie aus rassistischen Vorbehalten abgelehnt.

Es folgten 1777 die erste Oper und weitere Kompositionen. Sie blieben hinter dem Erfolg der ersten Werke zurück und Joseph komponierte keine eigenen Werke mehr, sondern konzentrierte sich auf seine Tätigkeit als Dirigent des Orchesters. 1781 wurde das Orchestre des Amateurs aus Geldmangel aufgelöst. Saint-George, der auch Mitglied der Freimaurer war, dirigierte seither das Orchester der Loge de la Parfaite Estime de Société Olympique, das mit 6570 Mitgliedern größte Orchester seiner Zeit. Die „Pariser Sinfonien“ von Joseph Haydn wurde unter seiner Leitung 1784 uraufgeführt.

Im Vorfeld der Französischen Revolution trat Saint-Georges in den Dienst des für seine revolutionäre Gesinnung bekannten Herzog von Orléans ein. 1787 reiste er im Geheimauftrag von Jacques Pierre Brissot, eines Jakobiners und späteren gemäßigten Republikaners, nach London und traf dort mit englischen Abolitionisten zusammen. Als im Mai 1789 die Generalstände einberufen wurden, war auch Saint-Georges dabei. Enttäuscht von der Haltung seines Dienstherrn, dem Herzog von Orléans, zog er 1790 nach Lolle und wurde im Rang eines Hauptmanns in die Garde Nationale aufgenommen. Ab September 1792 befehligte Saint-Georges ein eigenes Kommando von 1.000 Soldaten aus den französischen Kolonien, die „Légion franche de Cavalerie des Américains et du Midi“, einer Einheit, die ausschließlich aus Gens de couleur libres, aus freien „Farbigen“ bestand. Thomas Alexandre Dumas, der Vater des späteren Romanautors Alexandre Dumas, war einer von ihnen.

In den Wirren der Revolution wurde wiederholt versucht, Saint-Georges zum Seitenwechsel zu bewegen, um die Revolutionsregierung in einem Staatsstreich zu stürze. Er weigerte sich immer wieder. In der Zeit der Schreckensherrschaft des Wohlfahrtsausschusses wurde St. Georges im September 1793 denunziert und in der Folge für 18 Monate inhaftiert. Nach seiner Freilassung wurde er aus der Armee entlassen. Saint-Georges verstarb 1797 verarmt in Paris.

Das Leben von Joseph Bologne de Saint-George wurde 2003 in dem kanadischen Fernsehfilm „Le Mozart noir“ verfilmt, in Paris ist eine Straße nach ihm benannt und sein Heimatort auf Basse-Terre ehrt ihn mit einer Straße und einem Denkmal.

Bildquellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Saint-George_D%27Eon_Robineau.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Bologne,_Chevalier_de_Saint-Georges#/media/Datei:Chevalier_de_Saint-Georges.JPG