Mary Ann Cotton – Die Arsenmörderin

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Gerichtsmedizin noch in den Kinderschuhen steckte, tötete die englische Giftmörderin Mary Ann Cotton mindestens 14, vermutlich aber bis zu 21 Menschen – vier Ehemänner, einen Liebhaber, ihre Schwägerin sowie eine Reihe leiblicher und ihrer Obhut anvertrauter Kinder. Dass sie mit ihren Morden über Jahre ungestraft davonkam, ist neben der damals noch unzulänglichen gerichtsmedizinischen Praxis auch auf ärztliches Versagen zurückzuführen. Die Ärzte erkannten die Zusammenhänge zwischen den Todesfällen nicht.

Die frühen Jahre

Mary Ann Cotton, um 1870 (WikiCommons)

Die spätere Serienmörderin war im Oktober 1832 als Mary Ann Robson in Low Moorsley, nahe dem englischen Sunderland geboren. Als sie acht Jahre alt war, verzog die Familie in die Grafschaft Durham, wo Mary Ann den Großteil ihrer Jugend verlebte. Ihr Vater starb Anfang 1842 bei einem Arbeitsunfall im Bergwerk, Mutter und Tochter, die bis dahin in einer Mitarbeiterwohnung gelebt hatten, wurden daraufhin wohnungslos. Bereits im darauffolgenden Jahr heiratete die Mutter wieder. Mary Ann heiratete 1852 im Alter von 20 Jahren ihren ersten Ehemann, den 26jährigen Arbeiter William Mowbray, mit dem sie neun Kinder bekam. Nach und nach starben alle ihre Kinder bis auf die Tochter Isabella. In allen Fällen wurde ein „gastritisches Fieber“ – Magenfieber – als Todesursache festgestellt. Diese Diagnose sollten zwischen 1857 und 1872 noch mehrere Ärzte stellen. Das Massensterben fiel über Jahre nicht auf. Nicht lange nach dem Tod der Kinder, im Januar 1864, verstarb auch Mary Anns Ehemann. Als Todesursache wurde Diarrhöe angenommen. Seine Lebensversicherung in Höhe von 35 Pfund Sterling (nach aktuellem Wert ca. 3371 GBP) wurde an seine Witwe ausgezahlt. Mary Ann gab ihre überlebende Tochter Isabelle zu ihrer Mutter Margaret, zog nach Sunderland und arbeitete eine Zeit lang als Krankenpflegerin.

Weitere Ehen

Im August 1865 heiratete sie einen ihrer Patienten, den 32jährigen an Krebs erkrankten Georg Ward. Auch er verstarb bereits nur ein Jahr darauf am „gastritischen Fieber“. Auch er hinterließ Mary Ann eine Lebensversicherung. Im November 1866 ließ sich Mary Ann von dem Schiffsbauer James Robinson als Haushälterin anstellen. Einen Monat nach Dienstantritt verstarb Robinsons Baby, der Mann ließ sich von Mary Ann trösten und diese wurde erneut schwanger. Als Mary Anns Mutter 1867 erkrankte, reiste die Tochter zu ihr. Neun Tage nach ihrer Ankunft verstarb die Mutter im Alter von 54 Jahren. Mary Ann nahm ihre Tochter Isabella, die bis dahin bei der Großmutter gewohnt hatte, mit zurück zu James Robinson. Kurz darauf starben nicht nur Isabella, sondern ebenso die beiden Kinder James und Elizabeth der Robinsons. Die Lebensversicherung ihrer Tochter Isabella in Höhe von 5 Pfund Sterling und 10 Schilling ging an ihre Mutter Mary Ann. Im August heirateten James Robinson und Mary Ann, ihr gemeinsames Kind Margaret Isabelle starb bereits wenige Monate nach der Geburt. Im Juni 1869 wurde der gemeinsame Sohn George geboren. Als Mary Ann ihren Ehemann bat, eine Lebensversicherung auf den gemeinsamen Sohn abzuschließen, wurde dieser misstrauisch, überprüfte seine Finanzen, fand heraus, dass seine Ehefrau Geld veruntreut und die Möbel verpfändet hatte und warf sie aus dem Haus. Den gemeinsamen Sohn behielt er bei sich.

Old Hetton, Durham um 1820 (WikiCommons)

Über eine Freundin lernte Mary Ann den Frederik Cotton kennen. Sie kümmerte sich um die beiden Kinder des Witwers und beide heirateten im September 1870. Im Jahr darauf kam der gemeinsame Sohn Robert zur Welt. Auch den vierten Ehemann vergiftete Mary Ann. Er starb im Dezember 1871. Kurz darauf starben die Kinder Cottons. Auf alle liefen Lebensversicherungen, die an Mary Ann Cotton ausgezahlt wurden. Zwischenzeitlich hatte Mary Ann einen wohlhabenden Liebhaber dazu gebracht, sein Testament zu ihren Gunsten zu ändern. Auch er starb im September 1871. Als letztes starb Charles Edward Cotton, der letzte Sohn ihres verstorbenen Mannes. Endlich schöpfte ein Gemeindebeamter Verdacht. Lokale Zeitungen wurden auf den Fall aufmerksam und fanden heraus, dass Mary Ann in ganz Nordengland gelebt und zahlreiche Ehemänner, Liebhaber, eine Freundin, ihre Mutter und elf ihrer Kinder verloren hatte und alle angeblich an Magenfieber verstorben waren.

Ein Verdacht

Erst als sie noch vor Erstellung des Totenscheins durch einen Arzt bereits die Versicherung aufsuchte und die Auszahlung der Lebensversicherung einforderte, erregte dies Verdacht, dass bei den zahlreichen Todesfällen irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein konnte. Bei dem letzten Opfer, ihrem Stiefsohn, wurde eine Arsenvergiftung festgestellt. Daraufhin wurden der Ehemann und die anderen beiden Kinder exhumiert und untersucht und auch sie wiesen eine Arsenvergiftung auf. Mary Ann Cotton, die sich mittlerweile einen weiteren Liebhaber zugelegt hatte, von dem sie ein Kind erwartete, wurde festgenommen. Ihr nunmehr 13. Kind gebar sie im Januar 1873 im Gefängnis von Durham.

Im März des 1873 wurde Mary Ann Cotton vom Schwurgericht in Durham angeklagt, aus juristischen Gründen lediglich wegen des Mordes an ihrem siebenjährigen Stiefsohn Charles Edward, und zum Tode verurteilte. Am Morgen des 24. März 1873 wurde Mary Ann Cotton im Bezirksgefängnis von Durham durch den Strang hingerichtet. Aufgrund einer Fehlfunktion brach sich Mary Ann bei der Hinrichtung nicht das Genick, sondern wurde langsam stranguliert.

Die Quellen geben abweichende Zahlen ihrer Opfer an. Mary Ann Cotton hatte 1857 und 1872 mindestens 14, womöglich jedoch bis zu 21 Menschen umgebracht. Sie ging als erste Serienmörderin in die britische Geschichte ein und ihr Name wurde zum Synonym für Arsenvergiftung.

Der Fall im Kinderreim

Mary Ann Cotton
She’s dead and she’s rotten!
She lies in her bed
with her eyes wide open.
Sind, sing! Oh, what can I sing?
Mary Ann Cotton is tied up with string.
Where, where? Up in the air
selling black puddens a penny a pair.

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