Eröffnungsflug vom Flughafen Kassel-Calden fällt aus

Der Herkules, Kassels Wahrzeichen, würde sich beschämt abwenden – wenn er denn könnte. Foto: Schuler.

Kassel-Calden?  Für all jene, die schon Kassel nur vom Zwischenhalt des Intercity kennen: In Kassel-Calden eröffnet Anfang April 2013 ein neuer, lange geplanter Regionalflughafen.  Seit mindestens einem Jahrzehnt werden politisch Verantwortliche nicht müde, Notwendigkeit und positive Effekte eines solchen Regionalflughafens zu betonen.  Entgegen aller Vernunft und trotz chronisch klammer öffentlicher Kassen.  Das Desaster wird immer deutlicher, je näher der Eröffnungstermin heranrückt: Industrie und  Logistikbranche, auf deren unabweisbaren Bedürfnisse man in der politischen Diskussion immer verwiesen hatte, haben am Ende, sehr zum Verdruss der Politik, nicht einen Cent in Kassel-Calden investiert.  Zudem ist es der  REWE-Touristik und Anbieter Involatus nicht gelungen, zureichend Tickets für den Erstflug ins türkische Antalya zu verkaufen.

Nur sechs Tickets verkauft, Flug abgesagt!
Der Flug ist abgesagt, die sechs (!) Passagiere wurden – ausgerechnet – auf Flüge ab Paderborn umgebucht. Das ist, anders als es das nordhessische Leitmedium HNA heute unter der Überschrift „Calden-Passagiere starten in Paderborn“ verniedlichend meldet, viel mehr als nur „peinlich“! Denn das Desaster ist sogar deutlich schlimmer als am BER in Berlin, wo es an Fluggästen vermutlich nie mangeln wird. Gäbe es die Region Nordhessen und wäre sie eine Firma, würden nun Dutzende Köpfe rollen.

Autobahn notwendig, Flughafen fraglich
Anders als die mittlerweile sündhaft teure Autobahn A44 von Kassel nach Eisenach, mit der die Region ihre verkehrsgünstige Lage in der Mitte Deutschlands und das hier angesiedelte Logistikgewerbe weiter stärkt, ist der Regionalflughafen eine äußerst zweifelhafte Infrastrukturmaßnahme – was man in Nordhessen bisher allerdings nicht sagen darf, ohne als Defätist zu gelten. Dabei liegen die Fakten auf der Hand.

Fakten zum Flughafen Kassel-Calden

1) Die Menschen in Nordhessen haben bzw. hatten  mit dem Flughafen Paderborn-Lippstadt längst einen funktionierenden, verkehrsgünstig gelegenen Regionalflughafen. Lediglich die Politik hatte keinen Flughafen.

2) Da der Flughafen Kassel-Calden nicht an eine Autobahn angeschlossen ist, verringert sich die Anreisezeit für die meisten Nordhessen nur minimal. Bereits für Baunataler z.B. dürfte hier kein Unterschied liegen, sie brauchen künftig rund 45 Minuten zum Flughafen ihrer Wahl – entweder bequem über die Autobahn Richtung Dortmund – oder umständlich um die Kasseler Innenstadt herum. Insofern wäre die Anreisezeit eher ein Argument für Südniedersachsen,  Göttinger oder Reisende aus Thüringen, die bisher von Hannover oder Erfurt geflogen sind.

3) Den Tourismus nach Nordhessen wird Kassel-Calden wohl kaum stärken können. Denn die attraktivste und touristisch am besten erschlossene Gegend Nordhessens, das Waldecker Land mit dem angrenzenden Upland in Ostwestfalen, bleibt am näheren Flughafen Paderborn orientiert.

4) Der Wettbewerb der beiden Regionalflughäfen schadet künftig beiden Flughäfen – und hat Paderborn längst geschadet! Die Zeiten günstiger Restflüge von Paderborn auf die Kanaren sind z.B. längst vorbei. Denn eigentlich haben Regionalflughäfen überhaupt keinen Einfluss auf die angebotenen Reiseziele. Darüber entscheiden Touristikindustrie und Billigfluglinien, die die Regeln ihres ruinösen Wettbewerbs knallhart an die Flughafengesellschaften durchreichen. Flughäfen, die nicht bereit sind an der Kostengrenze mitzubieten, werden ausgelistet, unausgelastete Regionalflughäfen gibt es in der ganzen Republik. Den Regeln dieses Marktes folgend werden Touristikunternehmen und Fluggesellschaften die beiden Flughäfen künftig  gegeneinander ausspielen.

5) Bliebe noch der Luftfrachtverkehr, um den man bereits oder zumindest alsbald verstärkt werben wird in Kassel-Calden. Sieht man vom Problem der Nachtflüge ab: Dessen Güter müssen nach der Landung wieder auf die Straßen – die ohne Autobahn durch nordhessische Gemeinden führen. Wird Kassel-Calden ein Erfolg als Frachtflughafen, sind die Probleme der Anliegergemeinden vorhersehbar. Und wie gering der nordhessische Einfluss auf das Bundesverkehrsministerium ist, zeigt die Entwicklung an der A7 Anschlussstelle Kassel-Nord überdeutlich.

Flughafen ohne Autobahnanschluss
Die hessischen Steuerzahler, besonders hart wird es die Kasseler treffen, werden also voraussichtlich über viele Jahre für einen vermutlich schlecht marktgängigen, defizitären Flughafen aufkommen müssen. Bis denn dereinst, jenseits der sogenannten Krise, Tourismus und Frachtverkehr wieder ordentlich wachsen. Ob sich der Flughafen ohne Autobahnanschluss je rechnet steht heute mehr denn je in den Sternen.

zwischenrufer / 23.03.2013

FDP: Dummheit lässt sich nicht verbieten

Dummheit lässt sich nicht verbieten: Philipp Rösler ist gegen das NPD-Verbotsverfahren.

Eigentlich sollte man überhaupt nicht über die FDP schreiben. Aber davon stirbt weder die Dummheit aus, noch lässt sich damit ein Scheitern der FDP bei der nächsten Bundestagswahl unterstützen. Also entsteht einmal mehr ein Text, den Leser wie meine Schwester „fies“ finden. Trotzdem.

Beginnen wir mit den Tatsachen: Wider Erwarten hat FDP-Chef Philipp Rösler gerade ein energisches NEIN zum NPD-Verbotsverfahren vorgetragen: Dummheit lasse sich nicht verbieten, meint er. Klasse Auftritt, deutliche Worte – denkt man beim ersten Hinhören.

Verbotsverfahren längst „unterwegs“
Dumm nur, dass das von einer deutlichen Bundesratsmehrheit angestoßene NPD-Verbotsverfahren längst nach Karlsruhe unterwegs ist. In der aktuellen Diskussion geht es also nur noch darum, ob die Bundesregierung dem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht formal beitritt.

Wieder nur Show oder gar politisches Kalkül?
Verhandelt und entschieden wird also in jedem Fall, auch ohne Philipp Röslers Segen. War das jetzt also Show oder politisches Kalkül – oder erwarten wir längst viel zu viel von Parteiführern und Bundesministern? Lassen sie uns gemeinsam überlegen.

Hauptsache in die Tagesthemen
Vermutlich, das scheint mir die naheliegendste Interpretation, wollte Rösler, genervt von seinem widererstarkten Spitzenkandidaten, endlich mal wieder ordentlich öffentlichkeitswirksam auftreten. Am besten dahin, wo es Horst Seehofer wehtut, nebenbei Innenminister Joachim Herrmann alt aussehen lässt – und auf alle Fälle für ordentliche Medienresonanz bis in die Tagesthemen sorgt.

Rösler taugt kaum zum Rattenfänger
Oder steckt mehr politisches Kalkül hinter der Botschaft? Schließlich muss ja im Herbst irgendwer sein Kreuz bei der FDP machen. Allerdings dürfte Philipp Rösler – allemal nach der jüngst von „Parteifreund“ Jörg-Uwe Hahn angestoßenen Diskussion um sein ausländisches Aussehen –  wohl wissen, dass sich mit ihm nicht einmal bei Konservativen ordentlich punkten lässt – und schon gar nicht nicht bei dummen Skinheads oder ewig gestrigen Ausländerhassern.

Auf der Zielgeraden ohne Not isoliert
Politisch isoliert sich Rösler – ohne Not und quasi auf der Zielgeraden – indes von all den vielen entschlossenen Demokraten in den Landesregierungen und den Verfassungsschutzämtern, die in den letzten Jahren eine gerichtsfeste Dokumentation verfassungsfeindlicher Aktivitäten der NPD – nur darum geht es im Verbotsverfahren – betrieben haben. Und denen dabei vermutlich große Verdienste bei der nachhaltigen Entflechtung von Staatschutz und NPD zukommen.

Überflüssige Nazipartei endlich verbieten!
Um nicht weniger, als den kläglichen Rest dieser vollständig überflüssigen Partei mit Hilfe der obersten Verfassungswächter endgültig auf der Müllhalde der Geschichte zu entsorgen, geht es den Befürwortern des Verbotsverfahrens. Sie werden getragen von einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung. Aber auch von vielen Bürgermeistern, die es leid sind, dass sich Rechtsradikale mit ihren Parteitagen und Aufmärschen – und dem Verweis auf ihren Status als zugelassene Partei – erfolgreich in ihre Hallen und auf ihre Plätze klagen. Erst wenn die NPD verboten ist, hört dieser Spuk auf!

Weiter so, Philipp!
Dass sich mit einem NPD-Verbot allein rechtsradikales Gedankengut verhindern lasse, glaubt sicher niemand. Diesem Niemand galt der so mutige Auftritt Philipp Röslers.

Weiter so Philipp, dann klappt das im Herbst auch mit den vier Prozent!

zwischenrufer / 19.03.2013 / Foto: www.wikipedia.de

Volksverhetzung? Völkermord-Verschweiger kritisieren LEGO

Bausatz LEGO Star Wars 9516 (Jabba´s Palace). Die Türkische Gemeinde Österreich hält dieses Spielzeug für Volksverhetzung. Foto: Lego

Die Türkische Gemeinde Österreich kritisiert einen Lego-Bausatz aus der beliebten Star-Wars-Reihe. Der Bausatz LEGO Star Wars 9516 (Jabba´s Palace) gleiche einer Moschee, der Wachturm einem Minarett, die Figuren seien als Orientalen mit Gewehren, Schwertern und Kanonen dargestellt. Die türkische Kulturgemeinde behalte sich eine Klage wegen Volksverhetzung vor. Der weltweit erfolgreiche dänische Spielzeughersteller setzt natürlich auf Dialog.

Wer den Vorgang, der es jüngst in die TAZ und heute auch in DIE WELT geschafft hat, im Detail prüfen will, dem sei die interessante Webseite der Türkische Kulturgemeinde Österreich empfohlen. Hier finden wir nicht nur den LEGO-kritischen Artikel von Yüksel Karaman unter http://www.turkischegemeinde.at/index.php?id=312

Vorsicht Propaganda!
Der Artikel ist meine Erachtens pure Propaganda! Vordergründig wird zwar das waffenstarrende Spielzeug als „pädagogische bedenklich“ kritisiert. Doch diese Argumentationsebene ist nur vorgeschoben. Um was es tatsächlich geht, verrät uns Yüksel Karaman auch: „Es ist offensichtlich, dass für die Figur des hässlichen Bösewichts Jabba und die ganze Szenerie rassistische Vorurteile und gemeine Unterstellungen gegenüber den Orientalen und Asiaten als hinterlistige und kriminelle Persönlichkeiten (Sklavenhalter, Anführer von Verbrecherorganisationen, Terroristen, Verbrecher, Mörder, Menschenopferung) bedient wurden.“ Zur eigenen Prüfung der Substanz der Vorwürfe sei Legos eigener Kurzfilm zu dem umstrittenen Bausatz empfohlen http://starwars.lego.com/de-de/Products/9516.aspx

Natürlich ist LEGO nicht blöd genug, sich gegen die konstruierten Vorwürfe angemessen zu wehren, schließlich will man ja auch künftig in muslimischen Kinderzimmern stattfinden. Business first.

Türkischer Völkermord an Christen wird verschwiegen
Ich bin hingegen bei der Recherche auf der Webseite der Türkische Kulturgemeinde Österreich gerade auf einen wirklichen Skandal gestossen: In der Kategorie „Religion“, findet sich ein umfänglicher Artikel mit dem Titel „Das Christentum in Anatolien“.

Während der ungenannte Autor mannigfaltige historische Details aufreiht, sich beispielsweise aufführlich über die Rolle der Maria im Islam auslässt, verschweigt der Verfasser die blutigen Details aus der jüngeren Geschichte des Christenstums in der Türkei! Kein Wort über den Völkermord an vermutlich 2 Millionen (!) Christen durch die „Jungtürken“ zwischen 1915-1920, davon mindesten 500.000 Aramäern (altsyrische Christen, nicht zu verwechsenln mit Armenieren), nachzulesen z.B. bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Aram%C3%A4ern

Ebenfalls findet sich kein Wort zur aktuellen Unterdrückung der christlichen Mindertheit in der Türkei, wie sie z.B. Anna Reimann und Yassin Musharbash in einem Spielel-Artikel („Hass auf die kleine Herde“) beschrieben haben. „Christliche Kirchen sind nicht rechtlich anerkannt, dürfen keinen Bankkonten führen, keine Immobilien besitzen, Kirchen dürfen ihre Priester nicht ausbilden.“

Türkische Gemeinde Österreich disqualifiziert
Damit stellt sich auch die Türkische Gemeinde Österreichs in den Dienst der offiziellen Leugnungspolitik der Türkei – und hat sich damit für ernsthafte „pädagogische“ Debatten um Spielzeug auf jeden Fall disqualifiziert.

zwischenrufer / 26.01.2013

Schavan: ein Doktortitel weniger – blieben noch vier!

In der Kritik: Annette Schavan hat insgesamt fünf Doktortitel – nimmt ihr die Uni Düsseldorf den ersten, bleiben noch vier – ehrenhalber. Foto: Wikipedia

Die gestrige Meldung, die Universität Düsseldorf habe nun endgültig entschieden, gegen Annett Schavan und ihre Dissertation ein Plagiatsverfahren einzuleiten, rückt die Bundesbildungsministerin wie unerwartet ins Zentrum der Berichterstattung. Ist Schavan jetzt noch zu halten? Was sagt die Bundeskanzlerin? Hatte diese nicht auch schon dem Lügenbaron zu Guttenberg demonstrativ ihr Vertrauen ausgesprochen? Es rauscht im Blätterwald, eine Welle der Entrüstung schwillt an. Den „Fall Schavan“ mit der Frechdreistigkeit zu Guttenbergs zu vergleichen, verbietet sich in jedem Fall, wie ein Blick auf die Fakten nahelegt.

Ein interessantes Detail meiner Recherchen will ich der Textarbeit indes voranstellen: Frau Dr. Schavan stünde selbst nach Aberkennung ihres 1980 zuerkannten Doktortitels keinesfalls ohne da. Hilfsweise könnte sie dann einen der vier Ehrendoktortitel führen, die ihr ausländische Universitäten in den vergangenen Jahren verliehen haben.

Auch Schavanplag fördert die Lesekompetenz
Derzeit können wir im Internet über das Internet, ausführlich unter http://schavanplag.wordpress.com/ ein detailliertes eigenes Bild machen. Die eigentlich Doktorarbeit im Originaltext konnte ich online leider nicht finden.

Zunächst sei noch ein Sprung in die Art wissenschaftlichen Arbeitens vor der Einführung von Word nebst Fußnotenverwaltung erlaubt. Denn im Jahr 1980 waren die beiden mächtigsten Werkzeuge heutiger wissenschaftlicher Textarbeit, Word nebst Fußnotenverwaltung und über Internet zugängliche (weil zwischenzeitlich digitalisierte) Literatur noch gänzlich unbekannt. Der Endtext der Dissertation wurde gewiss fein säuberlich mit der Maschine getippt, die Fußnoten (und damit die Quellenangabe) führte man in dieser Zeit noch getrennt und listete sie oft sogar im Anhang solcher Arbeiten. Die meisten Doktorarbeiten dieser Zeit – hier wird Schavan keine Ausnahme machen – entstand aber vermutlich auf unzähligen handbeschriebenen Blättern, viele Bücher waren nur in der Präsenzbibliothek zugänglich, die Literaturliste bestand aus  hunderten von Karteikärtchen, auf denen nicht nur die Quelle selbst sondern meist auch zentrale Aussagen, Zitate und Querverweise notiert wurden. Meist erst kurz vor dem Abgabetermin wurden Arbeiten aus ihren Fragmenten zusammengeführt, korrekturgelesen und dann feinsäuberlich auf allerhöchstens elektrischen Schreibmaschine abgetippt. Wir sollen die kritisierten Fundstellen in Annett Schavans Doktorarbeit auch vor diesem Hintergrund betrachten.

Inhaltlich wiegen die Vorwürfe unterschiedlich schwer, weswegen wir sie nacheinander beleuchten wollen. Ich halte mich hier an die im Kontext der Guttenberg-Affäre entwickelten Plagiatskategorien, wie sie hier sehr übersichtlich dargestellt sind http://de.guttenplag.wikia.com/wiki/PlagiatsKategorien

Bauernopfer
Von Bauernopfer spricht man (in der Plagiatsforschung!), wenn undokumentiert großräumig zitiert oder sehr textnah redigiert wird, der Quelltext aber lediglich an ggfs. unbedeutender Stelle genannt wird. Im Ergebnis sehen großartige gedankliche Zusammenhänge dann so aus, als seien sie aus dem Quelltext entwickelt worden und somit eigene wissenschaftliche Erkenntnisse des Doktoranden (die es in Dissertationen ja nachzuweisen gilt). Tatsächlich sind sie zitatähnlich abgeschrieben, die Nennung an weniger maßgeblicher Stelle ist das „Bauernopfer“.

Verschleierung
Verschleierungen sind Textstellen, die erkennbar aus fremden Quellen rühren (so wie dieser Absatz hier, er stammt ursprünglich von Guttenplag) aber umformuliert und dabei vom Autor weder als Paraphrase noch als Zitat erkennbar gemacht wurden. Hier liegt die Vermutung nahe, dass die Neuformulierung (auch) der Verschleierung dienen soll. In der Praxis werden  gefällige Stellen oft lediglich im Duktus der eigenen Arbeit redigiert. Was im Journalismus Alltagsgeschäft ist, ist im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit ggfs. eine schwere Täuschung.

Plagiate und Strukturplagiate
Von einem eindeutigen Plagiat spricht man wiederum, wenn komplette Abschnitte wörtlich und ohne Zitat übernommen wurden. Der schwerwiegendste Fall wäre ein wörtliches Zitat aus einer Quelle, die weder als Fußnote noch im Literaturverzeichnis genannt ist. Darüber hinaus spricht man von einem Strukturplagiat, wenn Struktur, Aufzählungen oder Gliederungen ohne Quellenangabe übernommen werden.

In der Tat, in Annette Schavans Doktorarbeit finden sich Bauernopfer, verschleierte Textpassagen – und auch Plagiate, die Details finden sich auf Schavanplag und sind dem geneigten Leser zur eigenen Prüfung empfohlen.

Hochnotpeinlich dürfte Annett Schavan heute aber auf jeden Fall Seite 225 ihrer Doktorarbeit sein. weswegen ich sie exemplarisch anspreche. Hier rezipiert sie einen fünfzehnseitigen Aufsatz von Alfons Auer, der 1977, zeitnah also zur Abfassung der Doktorarbeit, in der Sammlung Kachetische Blätter erschienen war. Hier hat die Verfasserin den Artikel nicht nur für eine scheinbar eigene Zusammenfassung ausgeschlachtet, sie hat sogar dessen Fußnoten abgeschrieben, wie analoge Namensfehler und falsche Erscheinungsjahre belegen. (Nicht ohne Komik: Da wird in einer Dissertation mit dem Titel „Person und Gewissen“ ausgrechnet der falsch abgeschriebener Name eines Theologen – es handelt sich auch noch um den heutigen Papst – zum Beleg der eigenen Unlauterkeit.) Schon wegen dieser einen Seite wird Annette Schavan den Vorwurf, eine Abschreiberin zu sein, nicht mehr los.

Natürlich könnten viele der angeblichen Plagiate und im Literaturverzeichnis fehlende Werke – bei großzügiger Betrachtung – noch einer gewissen „Schludrigkeit“ beim Zusammenführen der handgeschriebenen Teilskripte geschuldet sein. Viel eher dürfte zutreffen, dass geisteswissenschaftliche Doktorarbeiten ohnehin nur selten neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Tage bringen. Vielmehr gilt es seine Fragestellung zu beherrschen, die maßgeblichen Autoren und Theorien zu kennen und eigene Gedanken daraus zu entwickeln.

Dass Schavans wissenschaftliche Technik und der Gehalt ihrer Doktorarbeit der damaligen Wissenschaftspraxis entsprach, hat auch Doktorvater Gerhard Wehle in einem Interview bestätigt – sonst hätte die Uni Annette Schavan seinerzeit nicht promoviert. Doch der Verdacht vorsätzlicher Täuschung – der auf jeden Fall zum Entzug des Doktortitels führen würde – drängt sich auf.

Allerdings ist im Moment, ganz anders als im Fall zu Guttenberg, anzunehmen, dass die Uni am Ende den Doktortitel nicht einziehen wird. Weil die bei Schavan belegten Verstöße gegen die Promotionsordnung gerade noch ein milderes „Urteil“ erlauben. Weil Schavan andernfalls sicher den Verwaltungsgerichtsweg geht. Oder schon deswegen, weil irgendwann auch einmal Schluss sein muss mit der Akademikerhatz.

Ich plädiere für eine zehnjährige Verjährungsfrist in solchen Fällen. Wenn (trotz Dissertation, Disputation und Veröffentlichung) binnen dieser Frist keiner merkt, dass Herr oder Frau Doktor eigentlich Scharlatane sind, dann seis drum.

zwischenrufer / 23.01.2013

Niedersachsen: 2.000 FDP-Zweitstimmen mehr hätten McAllister gerettet

Ausgelacht! David McAllister, der Verlierer der Niedersachsen-Wahl. Foto: CDU Niedersachsen.

Selten war ein Landtagswahlergebnis so knapp wie am letzten Sonntag in Niedersachsen. Die nächste Regierung von Stefan Weil wird  – aller Voraussicht nach – von 49 Sozialdemokraten und 20 Grünen Abgeordeneten getragen werden. CDU-FDP um den nunmehr abgewählten McAllister kommen zusammen lediglich auf 68 (54/14) Mandate. Reflexartig wird von der CDU eine „Zweitstimmen-Kampagne“ zu Gunsten der FDP für das Desaster verantwortlich gemacht. Wer die Zahlen prüft, den „statistischen“ Wählerwillen, wie er dank der Landeswahlleitung vortrefflich auf http://www.aktuelle-wahlen-niedersachsen.de/LW2013/start.html dargestellt und aufbereitet ist, kommt auf ganz andere Gedanken.

Zweistimmen-Kampagne, die es nie gegeben hat
Erstens ist da eine behauptete Zweitstimmen-Kampagne zu Gunsten der FDP – die es – zumindest so wie am Wahlabend behauptet – überhaupt nicht gegeben hat! (Ich will hier nicht bestreiten, dass es für einen konservativen Wähler ggfs. taktisch klug erscheint, mit der Zweitstimme FDP zu wählen. Ich bestreite der CDU eine solche Kampagne!) Denn meines Wissens hat keiner der christdemokratischen Granden im Wahlkampf vernehmlich dazu aufgefordert, das politische Überleben der FDP (oder gar das Philipp Röslers) durch „Leihstimmen“ an die FDP zu sichern.

Was wollen wir vergleichen?
Zweitens, auch die „nackten“ Zahlen (ich ignoriere alle Vergleiche mit Wahlprognosen und Umfrageergebnissen mit Vorsatz) belegen keine solche Kampagne, schließlich hat die FDP im Vergleich der Wahlen 2008/2013 lediglich einen einzigen (!) Sitz (13/14) zugelegt und sich beim Zweitstimmenanteil prozentual nur um 1,7% verbessert (8,2/9,9). Vergleichen wir gar den letzten relevanten Wählerwillen, die Niedersachsen-Ergebnisse der Bundestagswahl 2009, ist die FDP bei den prozentualen Zweitstimmen sogar deutlich geschumpft (13,3/9,9).

2.000 FDP-Zweitstimmen haben gefehlt
Drittens. Wenn es die behauptete Zweitstimmen-Kampagne allerdings je gegeben hat, dann war sie eben deshalb ein Mißerfolg, weil die FDP zu wenig Zweitstimmen bekommen hat! Diesen Befund finden wir auf http://www.wahlrecht.de/news/2013/landtagswahl-niedersachsen-2013.html#mehrheit sehr übersichtlich aufbereitet. Denn was die Wahl tatsächlich entschieden hat: Hätte die FDP am Sonntag auch nur 2.000 Zweitstimmen mehr bekommen (selbst wenn sie von der CDU gewesen wären), wäre David McAlllister Ministerpräsident von Niedersachsen geblieben!

Oder weniger als 1.000 Erststimmen für die CDU
Viertens. Übrigens hätten auch weniger als 1.000 Erststimmen mehr zu Gunsten der CDU die Wahl entscheiden können! Denn der Vorsprung der SPD-Kandidaten im Wahlkreis 21 (Hildesheim) und 69 (Wilhelmshaven) betrug jeweils nur 334 bzw. 406 Erststimmen

Christian Wulff wird totgeschwiegen
Staunend, das muss ich an irgendeiner Stelle dieses Artikels einmal anmerken, macht mich die Tatsache, dass NIEMAND, weder Wahlsieger, noch Wahlverlierer oder Interpreten der Wahl das relativ schlechte Abschneiden der CDU in irgendeine Verbindung zu Christian Wulffs Scheiternsgeschichte bringen. Meines Erinnerns war Christian Wulff bis zu seiner Wahl 2010 zum Bundespräsidenten Ministerpräsident in Niedersachsen, McAllister wurde sein Nachfolger.

Bundesrats-Mehrheit dahin
Kommen wir zu den bundespolitischen Implikationen der Niedersachsen-Wahl. Ab sofort hat die aktuelle Regierung im Bundesrat keine Mehrheit mehr. Ob das die Opposition bis zur Bundestagswahl konstruktiv einsetzen kann, sei dahingestellt.

Viel wichtiger: Spätestens seit der Wahl in Baden-Württemberg hat die CDU ein echtes Problem, mit der Realität wie mit den Prognosen. Denn die FDP wird wohl trotz Philipp Rösler und Rainer Brüderle bequem in den nächsten Bundestag kommen. Für alles andere sind liberal-konservative Wähler vermutlich zu schlau. Erreicht also die FDP bei der Bundestagswahl z.B. geschmeichelte 8% , muss Angela Merkel von den aktuell guten Umfrageergebnissen – Forsa bzw. Infratest sehen die CDU diese Woche bei  43 bzw. 42%  – am Tag der Wahl und trotz aller Leihstimmen 40% für die CDU realisieren.

Das wird, wenn die SPD endlich begriffen hat, dass die Wahlergebnisse des Herbstes 2013 noch völlig offen sind, ein spannendes Jahr.

zwischenrufer / 22.01.2013

Endlich eine Nazi-Datenbank!

Winnie Puuh der deutschen Innenpolitik: Innenminister Hans-Peter Friedrich, CSU.

In meinem Land ist der Wurm drin. 36 unterschiedliche Behörden schützen, bzw. wie wir mittlerweile wissen, simulieren, uns bzw. unseren Rechtsstaat vor Rechtsradikalen zu schützen. Viele dieser Beschützer haben sich in der Vergangenheit, sehr zum späteren Ärger mancher Richter, vor allem dadurch hervorgetan, dass sie an führender Stelle (und mit Steuergeldern!) eifrig am Aufbau der zu bekämpfenden rechtsradikalen Netzwerke mitgewirkt haben. Einen Sinn kann in dieser „Schutzarbeit“ ein normal tickender Mensch wie ich, selbst bei längerem, wohlwollendem Nachdenken, nicht entdecken. Den von den Thüringer Nazis ermordeten Menschen, das ist mittlerweile nachgewiesen, hat die ganze Schützerei auf jeden Fall nicht genützt.

Inhaltslose Verantwortungspropaganda
Dass, wenn beim offensichtlichen Versagen ertappt, dieser ganze „Staatsschutz-Apparat“ die sie zu kontrollieren simulierenden Politiker nach Leibeskräften und mit ganzer schnauzbärtiger Handwerkskunst anlügt und an der Nase herumführt, wundert am Ende nur Politiker, die selbst längst auf ihre eigene Verantwortungspropaganda hereingefallen sind. Fakt ist: Unsere Staatsschützer machen was sie wollen – und das ist im Regelfall nicht viel oder zumindest nicht was sie sollen. Und die Politik weiß nicht was sie tut.

Datenbank statt Abschaffung
Statt der, wie von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in einem der seltenen lichten Momente geforderten Abschaffung, bekommt unser „Sicherheitsapparat“ jetzt auch noch eine zentrale Datenbank. Man wolle dem – mit tätiger Mithilfe aufgebauten – braunen Netzwerk nunmehr mit einem eigenen Sicherheitsnetzwerk begegnen, irrlichtern sogenannte Verantwortliche heute öffentlich. Mittendrin in dieser absurden Inszenierung drückte der Winnie Puuh der deutschen Innenpolitik, Innenminister Hans-Peter Friedrich, heute mit den Worten „Na also!“ den „Startknopf“ zu diesem Irrsinn.

Für Nazis und stinkfaule verbeamtete Staatschützer, soviel steht fest, ist das heute ein guter Tag.

zwischenrufer / 20.09.2012

BILD titelt: „Bettina Wulff wehrt sich gegen Huren-Gerüchte“

Die heutige Titelseite der BILD-Zeitung – an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten.

Jetzt geht es auf dünnes Eis! Wie viele Zeitungen, allen voran die Süddeutsche Zeitung (SZ) und BILD heute berichten, hat Deutschlands beliebtester TV-Moderator Günther Jauch sich per hochformaler Unterlassungs-Verpflichtungserklärung verpflichtet, Gerüchte über eine angebliche Rotlicht-Vergangenheit Bettina Wulffs nicht weiterzuverbreiten. Die Suchmaschine Google wiederum soll durch eine Klage unserer Ex-First-Lady dazu gebracht werden, bei der Eingabe von „Bettina Wulff“ keine ergänzenden Suchvorschläge wie „escort“ oder „rotlicht-vergangenheit“ mehr einzublenden. Von einer Klage gegen die mutmaßlichen Urheber der üblen Gerüchte, dem SZ-Bericht zufolge „CDU-Kreise in Hannover“, also Parteifreunde ihres Gatten, ist hingegen nichts bekannt geworden.

Gerüchte um BILD-Veröffentlichung
Hintergrund: Jauch, fürwahr kein aggressiver Skandaljournalist, hatte in seiner Talksendung am 18.12.2011, also rund 2 Monate vor Wulffs Rücktritt, den stellvertretenden BILD-Chefredakteur Nikolaus Blome mit Verweis auf die Berliner Zeitung angesprochen, es werde „gemunkelt“, die BILD-Zeitung halte auf Anweisung von ganz oben eine Geschichte über das frühere Leben Bettina Wulffs zurück. „Das ist kompletter Quatsch“ hatte Blome geantwortet.

Jauch soll Gerüchte gesellschaftsfähig gemacht haben
Aus Sicht Bettina Wulffs habe Jauch die damals bereits im Internet kursierenden Gerüchte durch seine Frage erst gesellschaftsfähig gemacht. In Kenntnis der Klage ließ Günther Jauch seinen Anwalt selbst im Mai 2012 noch erklären, er habe sich auch in dieser Frage an die „journalistischen Sorgfaltspflichten“ gehalten. Im Streit mit Bettina Wulff hat Günther Jauch jetzt nachgegeben, ihm sei „in keiner Weise daran gelegen, die Aussagen zu wiederholen“.

Grund des Wut-Anrufs war seinerzeit umstritten
Wir erinnern uns: Bundespräsident Christian Wulff selbst hatte zunächst vehement bestritten, dass es ihm bei seinem Wut-Anruf am 12.12.2011 auf die Mailbox von BILD-Chef Kai Diekmann um die Verhinderung eines Berichts zum ominösen Hauskredit gegangen sei. Vielfach wurde seinerzeit spekuliert, was denn dann den sonst so smarten Wulff dazu gebracht haben könnte, sich auf der Mailbox Diekmanns um Amt und Würden zu wüten.

Blogger abgemahnt, Schmerzensgeld eingeklagt
Bis zum Rücktritt Christian Wulffs vom Amt des Bundespräsidenten habe sich Bettina Wulff nicht gegen die Gerüchte gewehrt, wohl um ihnen nicht zusätzliche Aufmerksamkeit zu verleihen, wird spekuliert. Zwischenzeitlich allerdings, so die BILD die SZ zitierend, habe Bettina Wulff eine eidesstattliche Erklärung vor Gericht abgegeben, wonach „alle Behauptungen über ihr angebliches Vorleben als Prostituierte oder als Escort-Dame“ falsch seien. „34 deutsche und ausländische Blogger und Medien“ hätten zwischenzeitlich Unterlassungserklärungen abgeben müssen, berichtet die BILD. Mehrere Medienhäuser hätten Schmerzensgeld in fünfstelliger Höhe zahlen müssen.

Keine Einschränkung der Google-Suchfunktionalität
Google hingegen dürfte sich über das Ansinnen Bettina Wulffs, seine Suchmaschinenfunktionalität einschränken zu lassen, kaputtlachen. Schließlich ergänzt der Internetsuchdienst die Suchanfragen lediglich anhand der häufigsten Eingaben seiner Nutzer. Und, anders als den Bloggern der Republik, dürfte das bisschen Steuergeld („Ehrensold“) in der Kriegskasse der Wulffs dem globalen Internetriesen wie Peanuts erscheinen. Gegenüber dem Hamburger Abendblatt sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck: „Die bei der Google-Autovervollständigung sichtbaren Suchbegriffe spiegeln die tatsächlichen Suchbegriffe aller Nutzer wider.“ Google habe in Deutschland bereits fünf ähnliche Verfahren geführt – und alle gewonnen.

Auflagensteigerndes Gerüchte-Recycling!
Ganz nebenbei sind heute zumindest die BILD und Bettina Wulff auf ihre Kosten gekommen: Bettina Wulff bekam ordentlich Publicity für ihr in wenigen Tagen erscheinendes Memoiren-Buch „Meine Sicht der Dinge“ – für das sich ohne die aufgewärmten Gerüchte sicher keiner interessiert hätte. Und die BILD durfte unsere Ex-First-Lady heute doch noch auf der Titelseite ablichten und mit „Huren-Gerüchten“ in Zusammenhang bringen. An sprichwörtlicher „Scheinheiligkeit“ ist das Ganze kaum noch zu überbieten.

zwischenrufer / 8.09.2012

http://www.sueddeutsche.de/politik/klage-der-ehemaligen-praesidentengattin-jauch-erkennt-wulffs-unterlassungsanspruch-an-1.1462543

http://www.bild.de/politik/inland/bettina-wulff/klage-gegen-guenther-jauch-und-google-wegen-huren-geruechten-26095904.bild.html

http://www.focus.de/politik/deutschland/wulff-unter-druck/escort-girl-geruechte-um-ex-praesidentengattin-bettina-wulff-klagt-gegen-google-und-guenther-jauch_aid_815490.html

 

Entsetzen im Werra-Meißner-Kreis: Grüne weiter gegen A44

Daniela Wagner, Grünen-Bundestagsabgeordnete aus Wiesbaden fordert die A44 nicht zu Ende zu bauen.

Vergangenen Samstag (28.06.2012) war in der Witzenhäuser Allgemeine (HNA) zu lesen, dass die Grünen-Bundestagsabgeordnete Daniela Wagner fordert, die A44 zwischen Kassel und Eisenach, genauer die noch nicht begonnenen Teilstücke von Waldkappel bis Wommen (beides Werra-Meißner-Kreis, Hessen) nicht mehr zu realisieren und die gewaltigen Baukosten von voraussichtlich noch einmal 766 Millionen Euro einzusparen.

Kleine Anfrage, große Empörung
Die Darmstädter Abgeordnete, Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, bezog sich in ihrer kleinen Anfrage auf eine aktuelle Verkehrszählung des BUND, nach dem sich das Verkehrsaufkommen im Werra-Meißner-Kreis „zum Teil erheblich verringert“ habe. Sie schließt sich damit dem hier in der Region als zynisch empfundenen Grundtenor des BUND an, der wiederholt argumentiert hatte, die Region sei mittlerweile ja ohnehin deindustrialisiert, da brauche es dann auch keine Autobahn mehr.

Populisticher Schuss ins Sommerloch
Natürlich ist die Pressemeldung der ehemaligen Darmstädter Schuldezernentin und Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin ein populisticher Schuss ins Sommerloch und wird (hoffentlich) am dringend herbeigesehnten Autobahn-Lückenschluss nichts ändern. Selbst das Wahlergebnis der Grünen im Werra-Meissner-Kreis wird die einfältige Forderung nicht mehr schmälern können: Die grüne Partei und der BUND als ihr operativer Arm, sind in Nordhessen, zumindest östlich Kassels, wo man seit einem Jahrzehnt auf die Fertigstellung der A44 wartet, längst untendurch. Die Bürger werden nicht vergessen, dass der BUND zwar im gesamten Planungsverfahren beteiligt war, aber dennoch wegen der Lebensverhätnisse von Kröten, Molchen und Fledermäusen gegen jedes Teilstück der A44 bis in die letzten gerichtlichen Instanzen klagte. Mit dem Ergebnis, dass der dringed notwendige Autobahn-Lückenschluss zwischen Nordhessen und West-Thüringen auch nach 20 Jahren Planungs- und Bauzeit noch immer nicht fertiggestellt, dafür aber erheblich teurer geworden ist.

Mißbrauch der Klagebefugnis des BUND
Wissen Sie was, liebe Leser? Manchmal bin ich froh, nicht für ein staatstragendes, anzeigenfinanziertes Blatt zu arbeiten. Ich kann schreiben was ich denke und mich sogar vorbehaltlos an die Seite des Hessisch Lichtenauer Bürgermeisters Jürgen Herwig (SPD) stellen: Nicht die Autobahn ist Steuerverschwendung, denn sie wird, wenn sie endlich fertiggestellt sein sollte, den darniederliegenden Werra-Meißner-Kreis deutlich voranbringen. Maximale Steuerverschwendung ist indes der konsequente Mißbrauch der organschaftlichen Klagebefugnis des BUND. Und das einzige, werte Daniela Wagner, was nicht mehr zu verantworten ist, sind die regelmäßigen zynischen, wahrheitswidrigen und hochideologischen Einlassungen Wiesbadener Wohlstandsbürger. Bitte drangsalieren Sie doch im nächsten Sommerloch – oder wann auch immer – einfach ihre Wiesbadener Wähler.

A44 – schnell und vollständig!
Wir in Nordhessen wissen genau was wir von der Politik erwarten: Dass die A44 endlich schnell und vollständig zu Ende gebaut wird. Auch wenn es manche Grüne nicht glauben wollen: Natur haben wir genug hier im Werra-Meißner-Kreis. Was hier fehlt sind Infrastrutur, Gewerbe und Industrie, kurz: wirtschaflliche Perspektiven und Entwicklungschancen und die damit verbundenen Arbeitsplätze in der Region.

zwischenrufer / 02.08.2012

Interessante Links:
>>> Bürgermeister Jürgen Herwig erklärt die A44 bei Hessisch Lichtenau per Video.
>>> „Wehret den Anfängen“; Marktspiegel vom 01.08.2012

Kleine Männer, großer Knall

Es muss schon ärgerlich sein, wenn man(n) auch mit Ende 20 beim Alkoholkauf bei Aldi den Ausweis vorzeigen soll und bei Amazon Klamotten in Kindergrößen bestellen muss. Kleine Männer haben es schwerer, zugegeben. Selbst erfolgreiche Internet-Partnerbörsen räumen ein, dass kleinwüchsige Männer ein gewisses Vermittlungsproblem haben. Das nagt auf Dauer am Selbstbewußtsein. Doch statt sich einfach mit der naturgegebenen Normabweichung abzufinden, versuchen kleinwüchsige Männer nicht selten vor ihren Mitmenschen größer dazustehen als sie in Wirklichkeit sind.

Zwerge, Monster und Gröfaze
Schon die Größe des Mongolenreiches unter Dschingis Khan sollte vermutlich von der Statur des Herrschers ablenken, andere historische „Zwergmonster“ wie Napoleon (1,60) oder Josef Stalin (1,65) hätten zu unserem Gröfaz Adolf Hitler mit 1,69 Metern Körperlänge aufsehen müssen.

Sexprotz, Staatschef, Weltenlenker
Heute überziehen männliche Zwerge wie Dimitrij Medwedjew (1,62), Silvio Berlusconi (1,64) oder  Nicolas Sarkozy (1,60) zwar nicht mehr die ganze Welt mit Kriegen. Aber mit ihren öffentlichen Therapien gehen diese Staatsführer, Weltenlenker und Sexprotze uns mittelgroßen Normalbürgern letztlich doch ordentlich auf den Keks.

Teufel, Pedelac und Koffeinshampoo
Glauben Sie jetzt ja nicht, es ginge hier nur um Politiker! Kleine Männer stehen auf große Frauen, riesige Autos, die teuerste Audio-Technik oder das neueste Elektrofahrrad – ja sogar auf das weltallerbeste Koffeinshampoo gegen Haarausfall. Die Industrie freut sich über so klar zu erkennende Kompensationsmuster – im Alltag sind die Zukurzgekommenen in der Regel aber einfach nur nervig.

Mein zwergwüchsiger Mitbewohner beispielsweise hat heute, mitten im sog. Sommer, heimlich unsere Heizung wieder angestellt. Nicht weil er friert, nein. Damit ich mich wieder daran erinnere, was für einen GROßEN Knall er hat. Da hat er es mir aber wieder gezeigt!

– Fortsetzung folgt vermutlich –

zwischenrufer / 04.07.2012

 

Julian Assange beantragt politisches Asyl in Ecuador

WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist – um seine Auslieferung nach Schweden(!) zu verhindern – in die Botschaft Ecuadors in London geflohen und hat in Ecuador politisches Asyl beantragt. Nachdem der Oberste Gerichtshof in Großbritannien eine Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens abgelehnt hat, soll Assange sich vor einem schwedischen Gericht wegen Vergewaltigungs- und Nötigungsvorwürfen verantworten. Assange, der seit seiner Flucht nach Großbritannien im Dezember 2010 in London unter Hausarrest gestanden hatte, sieht sich selbst als politisch Verfolgten.

WikiLeaks fordert die USA heraus
Wir erinnern uns: Julian Assange war als Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks zum bekanntesten Kämpfer für freie Informationen aufgestiegen, nachdem WikiLeaks im November 2010 Tausende geheimer US-Dokumente, unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan, veröffentlicht hatte.

Assanges Aufstieg, WikiLeaks Niedergang
Mit Assanges Aufstieg zum Popstar geriet die Sache, WikiLeaks selbst, in die Krise. Ehemalige Weggefährten nennen Assange einen Egomanen und Verräter, haben sich längst von ihm abgewandt. Tatsächlich, wie sich Julian Assange von den internationalen Medien feiern ließ, passte nie zu den eigentlichen anonymen Taktiken der Whistleblower-Bewegung. Der geht es im Kern darum, durch schmerzhafte Öffentlichkeit die Macht der Mächtigen zu begrenzen. Darum das geheime Wissen der Mächtigen – zur Not auch formal rechtswidrig – ins Licht des öffentlichen Diskurses zu zerren. Fakten statt Propaganda, Wahrheit statt Medienspektakel.

Politisch motivierte Vorwürfe?
Die gegen ihn in Schweden erhobenen Vorwürfe wegen Vergewaltigung und Nötigung hat Assange selbst immer als poltisch motiviert bezeichnet. Er sehe seine Rechte von seinem Heimatland Australien nicht ausreichend geschützt, zudem werde in den USA, wo auf Spionage und Geheimnisverrat die Todesstrafe stehe, gegen ihn ermittelt. Ecuadors Außenministerium hat den Asylantrag diese Woche offiziell bestätigt.

Schweden ist definitiv ein Rechtsstaat!
Um nicht selbst der Versuchung aufzusitzen lediglich Propaganda zur Sache zu verbreiten: Schweden ist definitv ein europäischer Rechtsstaat, wenn auch mit einem vermutlich überkommenen Sexualstrafrecht. Doch bei allem Mißtrauen wird auch vor einem schwedischen Gericht ein einvernehmlicher Akt nicht zur Vergewaltigung umgedeutet werden, auch nicht politisch motiviert oder aus den USA ferngesteuert. Eine anschließende Auslieferung Assanges an die USA würde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte – wegen der in den USA drohenden Todesstrafe – ohnehin verhindern. Europa liefert ja auch nicht an den Iran aus.

Unbesehen aller sonstigen Verdienste
Assange hat sich selbst aus der Anonymität der Hacker-Szene herauskatapultiert – nun muß er sich, ähnlich wie z.B. Dominique Strauss-Kahn, öffentlich fragen lassen, was er sich denn am Rande der unbestreitbaren Verdienste erlaubt, ggfs. rechtsverletztend genommen hat.

Global-öffentliches Recht am Wissen-Dürfen
Genau für dieses global-öffentliche Recht am Wissen-Dürfen dessen was lieber das Licht der Öffentlichkeit scheut, hat Julian Assange doch gestritten. Dass es nun gerade er ist, dessen Privatleben alsbald das schwedische Sexualstrafrecht auf seltene Weise zum öffentlichen Thema machen dürfte, ist eigentlich eine große Chance für Julian Assange.

Wäre ich Julian Assange, und wäre ich reinen Gewissens, würde ich mich der schwedischen Justiz bis zum endgültigen Freispruch stellen.

Allerdings wurde mir auch noch nie von konservativen amerikanischen Spitzenpolitikern mit dem Tode gedroht. Vielleicht ist Assanges Taktik, die politische Flucht – aus seiner Sicht – ja die einzige Überlebenstrategie. Ob sie aufgeht, entscheidet nun Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño.

zwischenrufer / 20.06.2012

Empfohlen zum Weiterlesen:

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/wikileaks-gruender-julian-assange-beantragt- asyl-in-ecuador-a-839851.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Assange#Haftbefehl_in_Schweden_und_Verhaftung_in_Gro.C3.9Fbritannien