#GenugJETZT, @markus_soeder, zieh endlich die Notbremse!

PROTESTGEZWITSCHER GEGEN DAS HOCHINZIDENZ-JOJO: TEXTANREGUNGEN WIDER DIE BUND-LÄNDER-UNVERNUNFT

Ich weiß, es ist eigentlich zum Verzweifeln!

Besonnene Experten hatten ja schon seit Wochen gewarnt. Und nun ist alles genau so eingetreten: Die von der britischen Virusmutation B.1.1.7 getriebene dritte Corona-Welle kommt in Deutschland exponentiell in Schwung. In den letzten Tagen ist die Zahl der Neuinfektionen jeweils um mehrere Tausend gegenüber der Vorwoche in die Höhe geschnellt. Der Inzidenzwert, der vor vier Wochen noch bei 60 lag, erreicht in Deutschland nun bereits 85.[1] Die 100er Marke dürfte in der kommenden Woche gerissen werden.

Zuvor hatte die am 3. März einberufene letzte Bund-Länder-Runde entgegen aller Warnungen einen fünfstufigen „Perspektivplan“ verabschiedet, der Lockerungsmöglichkeiten bis zur Inzidenz 100 erlaubte.[2] Das erst nach stundenlangem zähem Ringen formulierte Kompromisspapier war dazu auch noch kompliziert und schlupflochreich gestaltet. Im Netz ernteten die Ministerpräsident:innen und die Kanzlerin dafür keineswegs unverdienten Spott.

Nun sollte aber jeder mit Verstand begabte Zeitgenosse meinen, dass die ganz offensichtlich wenig durchdachten, in den frühen Morgenstunden des 4. März der Presse präsentierten „Öffnungsperspektiven“ inzwischen wieder aus dem Blick geraten. Ging der Fünf-Stufen-Plan doch von der – freilich bereits Anfang März mehr als optimistischen – Grundannahme aus, dass die Coronalage in Deutschland bis Ostern stabil bleiben werde.

“Öffnungsperspektiven” entpuppen sich als Schließungsaussichten: Ostervorfreude auf den Lockdown 3

Denn eins ist doch bereits jetzt frühlingssonnenklar: Nach Weihnachten haben die Bund-Länder-Fehlentscheidungen nun auch Ostern lockdownmäßig verpfuscht. Die Frage ist jetzt nur noch, wie hoch die Inzidenzen vorher noch steigen werden und wie lange wir nachher wieder die Kontakte zu reduzieren haben.

So oder so stehen uns also mehrere Wochen im Oster-Lockdown 3 bevor – die Frage ist jetzt nur noch, wieviele. Frühestens im Mai werden wir hoffentlich wieder befreiter aufatmen können, wenn dann auch diese wieder, wie schon im November, verspätet und deshalb umso mühsamer abgebremste dritte Welle endlich hinter uns liegt und der beginnende Sommer uns zusammen mit Fortschritten beim Impfen hoffentlich weitere föderale Jojospiele erspart.

Lockerungsrausch im Inzidenzanstieg: Selbst an der Notbremse wird herumgeschraubt

Dennoch halten Deutschlands Länderfürst:innen momentan noch unverdrossen an den Lockerungsschritten des „Perspektivplans“ fest – oder wollen sogar noch weitergehen. Denn wie letzte Woche bekannt wurde, möchten Brandenburg und Sachsen-Anhalt die ab einer Inzidenz von 100 vorgesehene, deshalb in einigen Regionen eigentlich bereits zu aktivierende „Notbremse“ lockern.[3] Auch Nordrhein-Westfalen lehnt einen verpflichtenden Bremsautomatismus ab und will im Falle einer Überschreitung der 100er-Schallmauer erst einmal „die Umstände prüfen“.[4] Der gedachte Rettungsmechanismus des Fünf-Stufenplans wird so angesichts einer exponentiell steigenden Virusverbreitung ad absurdum geführt.

Thüringen: ein Dauer-Hotspot brät sich Extrawürste

Schon seit Monaten anders gehen die Uhren in Thüringen. Dort hält sich die Inzidenz nun schon seit November über hundert – aktuell beträgt sie 168. Im Januar hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow noch Aufsehen erregt mit seinem späten, aber getreulichen Eingeständnis, die Lage im vergangenen Herbst falsch eingeschätzt zu haben.[5]

Tätige Reue ist aber offenbar nicht Ramelows Ding. Denn nun lässt er die Inzidenzwerte, die vor einem Monat kurz an der 100er-Marke kratzten, wieder auf neue Rekordwerte klettern, ohne mit „umfassenden Maßnahmen […], die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen“,[6] gegenzusteuern, wie es laut Infektionsschutzgesetz eigentlich vorgeschrieben wäre.

Im Gegenteil: Auch in Thüringen gelten ab dieser Woche wie andernorts zusätzliche Lockerungen im Geschäftsbereich.[7] Und Schulen können sogar bei Höchstinzidenzen weiter geöffnet bleiben, solange die Behörden vor Ort das noch gutheißen. Denn die Landesregierung beschränkt sich lediglich auf eine unverbindliche „Empfehlung“, oberhalb vom Inzidenzwert 150 doch besser zu schließen.[8]

Das Prinzip der lokalen Eigenverantwortlichkeit, auf welches das Green-Zone-Modell der NoCovid-Niedriginzidenz-Strategie setzen möchte, ist in Thüringen so zu einem Art HighCovid-Red-Zone-Konzept pervertiert: Kreise und Städte dürfen seit dem Wochenende selbstverantwortlich (oder -verantwortungslos?) entscheiden, wie weit sie bei der COVID-19-Durchseuchung der Bevölkerung gehen wollen.

Schon erstaunlich, zu was für einem zahnlosen Papiertiger der oben zitierte Paragraph 28a des deutschen Infektionsschutzgesetzes inzwischen verkommen ist – besonders, wenn man bedenkt, dass AfD-Politiker diesen am 18. November eilig durchs Parlament geschleusten Zusatzparagraphen in Brandreden vor dem Reichstag noch als „Ermächtigungsgesetz“ gegeißelt hatten.

Kapitulieren vor all der Unvernunft? So schnell zwitschern wir nicht ab…

Man könnte bei so viel Unvernunft der Politik wirklich verzweifeln!

Ich habe mich aber anders entschieden und beschlossen, mich lieber aktiv für einen öffentlichen Sinneswandel zurück zur Vernunft einzusetzen. Dazu habe ich eine Tweet-Serie verfasst mit Protestnachrichten, in denen ich mich an den bayerischen Ministerpräsidenten und an den Regierungssprecher von der Bundeskanzlerin gewandt habe – Merkel selbst simst zwar gerne, zwitschert aber im Gegensatz zu Söder nicht persönlich.

Bei dem Kurznachrichtendienst mit dem blauen Vögelchen im Logo kann man zwar pro Tweet nur 280 Zeichen schreiben, aber es gibt die Möglichkeit von Tweetserien, um etwas längere Texte zu versenden. Erfreulicherweise sind meine beiden Kurznachrichten-Serien an Söder und Merkel in den vergangenen Tagen auf einen für meine bescheidenen Mikroblogger-Verhältnisse erstaunlich großen Zuspruch gestoßen. Die Anfangstweets kamen nämlich auf jeweils über 10.000 Views. Ich selbst habe zwar nur 875 Follower, aber meine Söder zugezwitscherten Texte wurden über hundert Mal per Retweet von anderen Usern an ihre Follower weiterverbreitet.

Neben solchem Protestgezwitscher gibt es natürlich auch noch viele andere geeignete Formen, um der Öffentlichkeit und/oder den politisch Verantwortlichen seine Meinung kundzutun. So könnt ihr über die Protest-Plattform „WeAct“ sehr einfach eine Online-Petition initiieren und anschließend z.B. via Social Media weiterverbreiten.[9] Oder ihr schreibt Politiker:innen auf Facebook per Kommentar oder Messenger direkt an. Noch nachdrücklicher wäre es, wenn ihr ihnen eine Mail schickt oder ganz förmlich einen Protestbrief per Post versendet.

Für den Fall, dass ihr eine Textvorlage zur Anregung gebrauchen könntet, dürft ihr euch gerne von meinen Tweets inspirieren lassen. Deren Wortlaut stelle ich nachfolgend als Fließtext leicht umgearbeitet zur freien Verfügung.

Verfrühte Lockerungen stoppen, für sichere Bildung sorgen!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,

in den letzten vier Wochen, zwischen Mitte Februar und Mitte März, ist der Corona-Inzidenzwert für Bayern von 56 auf 90 gestiegen. Die 100er-Marke wird so wohl schon in dieser Woche überschritten. Zeigen Sie deshalb Verantwortung und beenden Sie in Bayern die verfrühten Lockerungen umgehend.

Stoppen Sie insbesondere die für die kommende Woche geplante Öffnung der Schulen. Sichere Bildung, wie das Hashtag-Motto mehrerer Elterninitiativen lautet, muss die Maßgabe sein, was ohne ausgereiftes Testkonzept (Test-Trace-Isolate, TTI) und erhebliche Fortschritte beim Impfen nicht gewährleistet ist.

Nachhaltige Lockerungen sind mit dem differenzierten Niedriginzidenzkonzept NoCovid möglich. Sie könnten in lokal begrenzten „Green Zones“ sogar ohne langen Einheits-Lockdown bald beginnen. Anerkannte Wissenschaftler, so unter anderem auch an der LMU München lehrende Wirtschaftsexperten des ifo-Instituts, stehen hinter dem Konzept – nähere Informationen finden sich auf der folgenden Webseite: https://nocovid-europe.eu.

Herr Ministerpräsident, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass Schaden von der bayerischen Bevölkerung abgewendet wird. Das kann aber nur gelingen, wenn in dieser kritischen Phase zu Beginn der dritten Welle die Lockerungen rasch wieder gestoppt werden.

Mit freundlichen Grüßen

https://twitter.com/Muenchen1968/status/1370784455640674305

Die dritte Welle jetzt abfangen und den Stufenplan revidieren!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

am 3. März hat die Bund-Länder-Corona-Runde die „Öffnungsperspektive in fünf Schritten“ beschlossen, die in den folgenden Wochen Lockerungen auch bei erhöhten Inzidenzwerten zwischen 50 und 100 vorsahen. Nun ist der Inzidenzwert in Deutschland gerade in den letzten Tagen sprunghaft angestiegen und erreicht bereits wieder den Wert von 85. Da sich so offensichtlich der Fünf-Schritte-Plan als Fehler erweisen hat, sollte er rasch wieder revidiert werden.

Die aktuelle Lage erfordert deshalb ein zügiges Vorziehen der nächsten Bund-Länder-Runde. Ein Abwarten bis zum 22. März wäre in der jetzigen Lage einer beginnenden dritten Welle verhängnisvoll. Dies gilt umso mehr, als bereits einige Länder angekündigt haben, die in den „Öffnungsperspektiven“ vorgesehene „Notbremse“ beim Überschreiten der Inzidenz 100 zu ignorieren oder umzuinterpretieren.

Bislang sind Sie, Frau Dr. Merkel, für verantwortungsvolles Handeln in dieser Pandemiekrise eingetreten. Dennoch misslang das Gegensteuern gegen die zweite Welle, was viele zusätzliche Corona-Tote zur Folge hatte. Dieser schwere Fehler vom letzten Herbst darf nicht wiederholt werden.

Noch sind die meisten Menschen der Risikogruppe 2 ungeimpft. Dazu ist inzwischen die Gefahr, die von dem LongCovid-Syndrom ausgeht, auch für jüngere Corona-Patienten wissenschaftlich belegt. Die verfrühten Lockerungen in die beginnende dritte Welle hinein drohen deshalb nochmals ähnlich viel Leid wie im letzten Winter mit sich zu bringen.

Selbst wenn die Krankhauskapazitäten ausreichen, ist eine Strategie der Teildurchseuchung der größtenteils ungeimpften Bevölkerung unverantwortlich. Die Menschen wünschen sich laut Umfragen mehrheitlich ein vorsichtiges Vorgehen und lehnen übereilte Lockerungen ab.

Ein verantwortungsvoller neuer Stufenplan, wie in etwa die Göttinger Physikerin Viola Priesemann vorschlägt, muss bei niedrigeren Inzidenzwerten als der Fünf-Schritte-Plan ansetzen. Nötig ist eine Beschleunigung des Impftempos und ein durchdachtes Testkonzept nach den Grundsätzen Test-Trace-Isolate (TTI).

Nachhaltige Lockerungen sind mit dem differenzierten Niedriginzidenzkonzept NoCovid möglich. Sie könnten in lokal begrenzten „Green Zones“ sogar ohne langen Einheits-Lockdown bald beginnen. Anerkannte Wissenschaftler:innen wie die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann oder der Chef des Münchener ifo-Instituts Clemens Fuest stehen hinter dem Konzept – nähere Informationen finden sich auf der folgenden Webseite: https://nocovid-europe.eu.

Frau Bundeskanzlerin, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass Schaden von der Bevölkerung unseres Landes abgewendet wird. Das kann aber nur gelingen, wenn in dieser kritischen Phase zu Beginn der dritten Welle die Lockerungen gestoppt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Und jetzt seid ihr dran!

Wer ähnlicher Meinung ist, darf sich gerne für entsprechende Protestnachrichten bei meinen Tweets oder den obigen beiden Briefvorlagen bedienen. Ich erhebe kein Copyright – auch Copy&Paste in Guttenbergscher Manier ist erlaubt, wenn es nur dem guten Zweck dient. Hauptsache, es ändert sich bald etwas an diesem verhängnisvollen Hineinrennen in die dritte Welle.

Denn für den Fall, dass es so ungebremst nach „Perspektivplan“ weitergeht, werden uns die schlimmen Zustände wie an Weihnachten noch mal zu Ostern drohen. Und das wollen wir doch alle nicht.

Also, auf geht’s, schreibt Protestnachrichten an Angela Merkel, Markus Söder, andere Ministerpräsident:innen oder Politiker:innen eurer Wahl! Sehr wirkungsvoll kann es beispielsweise auch sein, sich an die lokal Verantwortlichen vor Ort, etwa die Bürgermeisterin oder den Gesundheits- oder Bildungsdezernenten oder an die Abgeordnete im Wahlkreis zu wenden. Denn die Lokalprominenz wird sich mehr als die Bundeskanzlerin verpflichtet fühlen, euch auch persönlich eine Antwort zu geben. Am Besten wäre es, wenn ihr dabei in eurer Nachricht gezielt auf die Verhältnisse bei euch vor Ort eingeht.

Lassen wir also mit möglichst vielen Protestnachrichten die politisch Verantwortlichen in den nächsten Tagen spüren, dass sie mit der derzeitig realisierten Corona-Politik eines gefährlichen Hochinzidenz-Jojo aus verfrühten Lockerungen sowie verspäteten und halbherzigen Lang-Lockdowns auf Widerstand stoßen. Die in dem Bund-Länder-Perspektivplan vom 3./4. März vorgesehene Notbremse muss jetzt umgehend und wirkungsvoll gezogen werden – je eher, desto besser.

Sicher scheint es fast zum Verzweifeln, aber zum Aufgeben ist es doch noch zu früh!

Anmerkungen:

[1] Die in diesem Beitrag genannten Zahlen zu COVID-19 sind, soweit nicht anders vermerkt, sämtlich aus dem Coronavirus-Monitor der Berliner Morgenpost entnommen (Stand 15.3.2021, 13 Uhr): https://interaktiv.morgenpost.de/corona-virus-karte-infektionen-deutschland-weltweit. Als Datenquelle werden hier angegeben: Johns Hopkins University CSSE (internationale Daten von WHO, CDC (USA), ECDC (Europa), NHC, DXY (China), Risklayer/Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Meldungen der französischen Ämter und der deutschen Behörden (RKI sowie Landes- und Kreisgesundheitsbehörden).

[2] https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/fuenf-oeffnungsschritte-1872120.

[3] Die Gefahr, die Notbremse zu spät zu ziehen, ZDFheute 9.3.2021, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-notbremse-inzidenz-100.html.

[4] Corona-Infektionen steigen – NRW hält ungebremst an Lockerungen fest, tagesschau 13.3.2021, https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-39313.html.

[5] „Die Kanzlerin hatte Recht, und ich hatte Unrecht“, in: FAZ 7.1.2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bodo-ramelow-gesteht-fehler-im-kampf-gegen-corona-17135034.html.

[6] So der Wortlaut von § 28a IfSG hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen bei Überschreitung des Grenzwertes von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche.

[7] Kosmetikstudios, Solarien, Kinderschuh-Anbieter öffnen, insuedthueringen.de 15.3.2021, https://www.insuedthueringen.de/inhalt.thueringen-neue-corona-verordnung-bibliotheken-und-solarien-oeffnen.3ab4c1ff-6eb9-42a5-8dfb-7276df1c059a.html.

[8] Schulen auf oder zu? Landkreise und kreisfreie Städte entscheiden nun selbst, mdr Thüringen 13.3.2021, https://www.mdr.de/thueringen/landkreise-entscheiden-schulen-offen-geschlossen-100.html.

[9] https://weact.campact.de/.

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